Ansprache Seiner Heiligkeit Papst Franziskus an die Delegation der «Leaders pour la paix»

(23. Dezember 2022) Am 2. Dezember empfing der Heilige Vater Franziskus die Mitglieder der Nichtregierungsorganisation «Leaders pour la Paix» in Audienz, an die er folgende Grussworte richtete:

Meine Damen und Herren!

Ich freue mich, mit Ihnen, den Mitgliedern von «Leaders pour la Paix» [Leader für den Frieden], zusammenzukommen, und danke Ihnen für die Anwesenheit und die Arbeit Ihrer «Ecole itinérante de la paix» [Wanderschule des Friedens], die in diesen Tagen an der Päpstlichen Lateranuniversität stattfindet.

Ein Leader für den Frieden zu sein, ist in der jetzigen Zeit eine grosse Verantwortung und nicht nur eine Verpflichtung. Wir sind uns bewusst geworden, dass die durch Krieg bedrohte Menschheitsfamilie einer noch grösseren Gefahr ausgesetzt ist: dem fehlenden Willen, Frieden zu schaffen. Dem fehlenden Willen, Frieden zu schaffen.

Ihre Erfahrung lehrt uns, dass angesichts des Krieges der erste Schritt darin besteht, die Waffen zum Schweigen zu bringen, dass es dann aber notwendig sein wird, die Gegenwart und die Zukunft des Zusammenlebens, der Institutionen, der Strukturen und der Dienstleistungen wieder aufzubauen. Der Frieden erfordert Formen der Versöhnung, gemeinsame Werte und – was unverzichtbar ist – Wege der Bildung und Ausbildung.

Der Aufbau des Friedens verlangt von uns, kreativ zu sein, gegebenenfalls die gewohnten Denkweisen in den internationalen Beziehungen zu überwinden und gleichzeitig jenen entgegenzutreten, die die Lösung von Streitigkeiten zwischen Staaten und innerhalb von Staaten dem Krieg überlassen oder gar meinen, die für das Zusammenleben der Völker notwendigen Bedingungen der Gerechtigkeit mit Gewalt erreichen zu können. Wir dürfen nicht vergessen, dass das Opfern von Menschenleben, das Leiden der Bevölkerung, die wahllose Zerstörung ziviler Strukturen und die Verletzung des Grundsatzes der Menschlichkeit keine «Kollateralschäden» des Krieges sind, sondern internationale Verbrechen. Das muss gesagt und wiederholt werden.

Der Waffeneinsatz zur Lösung von Konflikten ist ein Zeichen von Schwäche und Fragilität. Verhandlungen, Mediation und Schlichtungsverfahren erfordern Mut. Den Mut, sich den anderen nicht überlegen zu fühlen; den Mut, sich den Ursachen des Konflikts zu stellen und auf Interessen und Hegemoniepläne zu verzichten; den Mut, die Kategorien Feind-Freund zu überwinden, um zu Erbauern einer universellen Brüderlichkeit zu werden, die in der Vielfalt und der Einheit der gemeinsamen Bestrebungen aller Menschen ihre Kraft findet.

Angesichts der Herausforderung für Letztere, die nicht nur einen theoretischen Frieden, sondern die Hoffnung auf das Leben verlangen, ist der Mut zur Zusammenarbeit noch wichtiger. Frieden schaffen heisst somit, Entwicklungsprozesse in Gang zu setzen und zu unterstützen, um die Armut zu beseitigen, den Hunger zu besiegen, Gesundheit und Pflege zu gewährleisten, das gemeinsame Haus zu schützen, die Grundrechte zu fördern und die durch die menschliche Mobilität bedingte Diskriminierung zu überwinden. Nur dann wird der Frieden zu einem Synonym der Würde für jeden einzelnen unserer Brüder und Schwestern werden.

Ich rufe alle Gnade Gottes für Sie und Ihr Werk an und bitte Sie, nicht zu vergessen, für mich zu beten. Und wenn jemand nicht betet, weil er nicht weiss, wie es geht, oder es nicht kann, dann schickt mir bitte wenigstens «gute Wellen», die ich für diese Arbeit brauche! Danke.

Quelle: https://www.vatican.va/content/francesco/fr/speeches/2022/december/documents/20221202-leaders-pourlapaix.html, 2. Dezember 2022

(Übersetzung «Schweizer Standpunkt»)

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