Die Kriegspropaganda läuft
Wahnhaft – «Kriegsbereit gegen Russland» (Teil 3)
von Robert Seidel*
(29. August 2025) Im Februar 2025 wurden die Weichen in Europa offiziell auf «Krieg» gegen Russland gestellt. Voran marschieren die Politfunktionäre der EU, die Regierungen Deutschlands, Frankreichs, Grossbritanniens und der baltischen Staaten. Nun ergiesst sich ein Trommelfeuer aus Manipulation und Propaganda durch offizielle Stellen, querfinanzierte NGOs und den Mainstream über fast ganz Europa – in den baltischen Staaten, Deutschland oder Grossbritannien sehr scharf, in Dänemark, Schweden scharf, in der Schweiz eher gemässigt und in Ungarn schwächer.

wirkungsvoll. (Bild Wikipedia)
In den vergangenen 100 Jahren wurde das Repertoire für Kriegspropaganda beträchtlich erweitert, sodass es möglich ist, Demokratien in Kriege hinein zu manipulieren. Gezielt wurde seit 20 Jahren das Feindbild Russland reaktiviert. Die Techniken und Abläufe von PR-Kampagnen wurden in den beiden bisherigen Beiträgen beschrieben.1,2 Im Folgenden geht es um die Umsetzung.
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Um die Bevölkerung in Europa mental «kriegsbereit» gegen Russland zu machen, gilt schon lange das Ziel: Die russische Bevölkerung (es könnte auch jede andere sein) und ihre führenden Persönlichkeiten als «dumm», «korrupt», «faul», «hinterlistig», «böse» etc. darzustellen. Ihnen wurden in den vergangenen Jahren permanent schlechte Absichten unterstellt. Politische Vorgänge, an denen Russland beteiligt ist, werden negativ und feindselig interpretiert. Diese Phase der Kriegspropaganda hat um 2004 begonnen. Dazu wurde das übliche Repertoire der Propagandatechnik aufgefahren: Identifikationsmuster herstellen (gut – böse), Meinungsteppiche erzeugen, Ängste aufbauen, usw. (vgl. Teil 2).2 Die Stigmatisierung («böser Russe») wird immer wieder mit neuen «Beweisen» wachgehalten.
Im Grunde genommen wird ein psychotischer Wahrnehmungsfilter aufgebaut: Jede Handlung des Gegenübers wird negativ gefiltert. So ist in Europa eine feindselige Stimmung systematisch erzeugt worden. Damit wurde das Narrativ «böser Russe» implementiert, das ständig neu aktiviert wird. Sobald eine PR-Kampagne unterbrochen wird – zum Beispiel, weil der politische Wind gedreht hat –, kann in kurzer Zeit aus einem «Feind» wieder ein normaler Mensch werden. Genauso schnell aber können die Vorurteile und Ressentiments wieder reaktiviert werden.
«Der Russe steht vor Potsdam»
Friedensbemühungen, die ihren Namen verdient hätten, wurden vom Westen nie ernsthaft geführt, wie die Eingeständnisse von François Hollande und Angela Merkel zu den völkerrechtlich bindenden Minsker-Verträgen verdeutlichten. Die Torpedierung der Istanbuler Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland von März 2022 durch Boris Johnson bestätigte diese Linie.
Seit dem Regierungswechsel in Deutschland im Februar 2025 wird von führenden Politikern und Militärs mit einer noch nie dagewesenen Vehemenz gegen Russland Stimmung gemacht. In Deutschland wird der Eindruck erweckt, die russische Armee stehe kurz davor, Europa, beziehungsweise die Bundesrepublik Deutschland, militärisch anzugreifen – während zur gleichen Zeit die US-Geheimdienste feststellen, dass die russische Regierung weder die Absicht hat, noch die russische Armee dazu in der Lage ist, die europäischen Nato-Staaten anzugreifen.

(Bild Plakate der Bundeswehr)
Wer nicht mit den Wölfen heult …
Trotzdem fallen die moralischen Hemmungen; nicht nur bei den bekannten deutschen Scharfmachern, sondern auch beim Regierungspersonal, wie dem Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und seinem Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD). Hetzerische und oft auch falsche Äusserungen werden von den Mainstreammedien unhinterfragt übernommen. Die Stimmung ist polarisiert. Wer nicht mit den Wölfen heult, macht sich mancherorts verdächtig, «für Putin zu arbeiten». Jede öffentliche Diskussion über Sinn und Unsinn der derzeitigen Kriegspolitik wird so im Keim erstickt. Es entsteht eine ängstlich-fatalistische Stimmung, viele reagieren resignativ, was vielleicht auch gewollt ist.
Kriegspropaganda kann nur so lange aufrechterhalten werden, wie sie keine anderen Ansichten gleichwertig zulässt. Dass immer noch eine Mehrheit der Bevölkerung die Kriegsvorbereitungen ablehnt, erfährt man kaum in der veröffentlichten Meinung.
Die Kriegslügen
Was könnte als nächstes kommen? Das Feindbild ist gemacht, die Stimmung ist aufgeheizt. Als «Trigger-Event» bezeichnet man den Auslöser für eine militärische Eskalation. Er initiiert eine propagandistische Wende und dient der moralischen Rechtfertigung für eine militärische Aktion, die dann als «Verteidigung» oder «Gegenschlag» verkauft wird. Beispiele sind «False-Flag-Operations», wie der fingierte Zwischenfall in der Tonkin-Bucht (angeblich griffen Vietnamesen im August 1964 ein US-Kriegsschiff an, daraufhin bombardierten die USA Nordvietnam) oder Lügen wie die «Brutkasten-Lüge» im Irak-Krieg im August 1990 (angeblichen rissen irakische Soldaten kuwaitische Babys aus ihren Brutkästen).
Der «Feind» wird menschlich immer stärker abgewertet, sodass militärische Gewalt moralisch möglich und «sinnvoll» erscheint. Die Kriegspropaganda liefert «Gründe» für eine militärische Aktion. Beispiele sind erlogene, medial inszenierte Ereignisse wie unmenschliche und verbrecherische Akte durch den «Feind», beispielsweise barbarische Folterungen oder Ermordungen von Zivilisten, vorzugsweise ältere Personen, Kinder oder junge Mädchen. Das grausame Töten von Babys stellt oft die Spitze einer Propagandawelle dar (z.B. Jugoslawien- und Irak-Krieg). Zur Verstärkung werden fingierte Videos und Bilder verbreitet. Die Nachrichten müssen zutiefst aufwühlen und starke Hassgefühle auslösen. So wird eine Bevölkerung bereit, kriegerische Handlungen ihrer Regierungen mitzutragen, um dem «bösen Feind endlich Paroli zu bieten».
Das Nonplusultra – «Cognitive Warfare»
Im Juni 2025 wurde bekannt, dass die Nato mit einzelnen europäischen Regierungen Geheimverträge abgeschlossen hat, in denen sich die Regierungen verpflichten, bestimmten Vorgaben Folge zu leisten. Dies gab die niederländische Regierung bekannt. Die deutsche Regierung verweigert dazu alle Auskünfte.4 Wie weit sich die Schweizer Administration durch die PfP-Nato-Anbindung verpflichtet fühlt, ist nicht bekannt.
Seit den 2020er Jahren findet in der psychologischen Kriegsführung eine bedrohliche Wende statt. Die «kognitive Kriegsführung» der Nato nimmt nun alle (!) Handlungen des «Feindes» als Versuch wahr, auf allen (!) Gebieten bewusst zu schaden. Mit dieser Handlungsvorgabe wird nicht nur jede Möglichkeit einer Verständigung von vornherein zerstört, sondern auch der Bevölkerung ein psychotischer Bias implementiert.
Wahnhaftes Weltbild
Doch viel gravierender: Man kann davon ausgehen, dass die Nato-Strategen des «Cognitive Warfare» –, aus ihrer Sichtweise heraus –, der Bevölkerung ihr wahnhaftes Weltbild aufzwingen: Der Feind sei so «böse», dass diese «Bösartigkeit» von der Allgemeinheit nicht mehr erkannt werden könne. Deshalb müsse der Bevölkerung dabei «geholfen» werden, die Welt «richtig» zu interpretieren, um zu den «richtigen» Schlüssen zu kommen. Im Orwell’schen «Neusprech» heisst es dann, in der eigenen Bevölkerung müssen «Resilienzen» erzeugt werden.
Wer sich zukünftig dieser krankhaften Nato-Sichtweise nicht anschliesst, läuft Gefahr selbst als «Feind» betrachtet zu werden, (ähnlich der nationalsozialistischen «Wehrkraftzersetzung», die seinerzeit vom Freisler’schen Volksgerichtshof abgeurteilt wurde).
PR kann strafbar sein
Das heisst, um für einen Krieg zu mobilisieren, werden Lügen, Vorurteile und Stigmatisierungen zum Aufbau eines Feindbildes genutzt. Aversionen und Hassgefühle werden aktiviert und gewalttätige Phantasien befördert. Diese Aufgabe kommt in einer modernen Massengesellschaft der Propaganda zu. Sie spricht gezielt die Gefühlslagen an, mit deren Hilfe kriegerische Einsätze ermöglicht werden; – aber auch progromhafte «Zwischenfälle» im Inneren.
Für Propaganda ist nicht der mündige Staatsbürger die Richtgrösse, für sie ist der Einzelne nur Teil einer manipulierbaren Masse. Da Propaganda unter Umständen Beihilfe zu Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit leistet, können ihre Handlungen seit den Nürnberger Prozessen juristisch belangt werden.

der US-Senatsausschuss Nye (1934–1936). Ihn beschäftigte der Einfluss
der Banken und der Waffenindustrie auf den Kriegseintritt der USA im
Ersten Weltkrieg. (Bild Wikiped
Lügen haben kurze Beine
Bekanntlich haben Lügen kurze Beine. Wer genauer hinsieht, bemerkt schon heute die Widersprüche und Falschaussagen. Ein Blick in den Alltag zeigt eine erschreckende Realität: der rasche Zerfall der Sozialsysteme und eine zunehmende Verarmung in Europa. Das Geld fehlt und trotzdem wird es mit beiden Händen aus dem Fenster geworfen. Seit Februar 2025 werden Hunderte Milliarden Euro für Waffen zusätzlich ausgegeben («Sondervermögen»). Schulden, die zukünftige Generationen abzahlen müssen – notabene, Geld, das schon heute fehlt.
Die Steuermilliarden fliessen an Kreditgeber, Waffenlieferanten, Kriegsgewinnler und zukünftige «Wiederaufbauunternehmen». Die brennenden Probleme werden schlicht ignoriert: Rentenlücke, Armut, Massenmigration, mangelnde medizinische Versorgung, rechtsfreie Räume, Energieverteuerung, Abwanderung von Arbeitsplätzen usw. Auch dieses Mal muss es wieder schnell gehen, um die Bevölkerungen in den Krieg zu führen und von den eigentlichen Problemen abzulenken.
Aber «Europa» ist nicht mehr hermetisch von der Welt abgetrennt. Meldungen aus aller Welt können mit dem einheimischen Meinungsteppich verglichen werden. Die unterschiedlichen Meldungen können korrigierend wirken. Selbst in den USA wird die Repression der Meinungsäusserungsfreiheit in Europa kritisch wahrgenommen. Auch heute möchte die Mehrheit der europäischen Bevölkerungen weiterhin echte Friedensverhandlungen.

Gefallenen aufbewahrt, die nach der Schlacht um Verdun (1916) nicht
identifiziertwerden konnten.
(Julian Nyča. wikimedia.org/w/index.php?curid=44017084)
Die Lüge kommt mit dem Lift, die Wahrheit über die Treppe
Jeder Krieg findet sein Ende. Die Zeit danach ist die Zeit der Trauer, der Ernüchterung und der Rückbesinnung: Tote, Verletzte, Verstümmelte, Vermisste, Traumatisierte, Vertriebene, Flüchtlinge. Zerstörung, Verarmung, Verwahrlosung, Verrohung, Verstrahlung, Verseuchung, Vergiftung, Schulden.
Wieder einmal wird man feststellen müssen, dass Krieg ein Geschäft von wenigen Machthungrigen und Geldgierigen ist, wie es der hochdekorierte US-General Smedley Butler schon 1936 beschrieben hat. – Dabei liess er übrigens nicht unerwähnt, dass die «Entscheider» selbst nie in den Krieg ziehen, sondern ihre Geschäfte vom warmen Schreibtisch aus betreiben.
Heute Frieden schliessen!
Viel einfacher ist es, schon heute einen Weg der Vernunft und der Menschlichkeit zu gehen, als sehenden Auges Leid und Elend in der Welt zu verbreiten. Möglichkeiten bestehen auch heute. Die Mehrheit steht immer noch für konstruktive Verhandlungen und ist gegen Aufrüstung und Krieg!
Für die Zukunft kann es nur darum gehen, für alle ein friedliches Leben zu garantieren. Es wird kein Weg daran vorbeiführen, das Völkerrecht weiterzuentwickeln und durchzusetzen.
* Robert Seidel schreibt als unabhängiger Autor für den «Schweizer Standpunkt». |
3 https://www.wuv.de/Themen/Kreation-Design/Castenow-mit-neuer-Employer-Kampagne-fuer-die-Bundeswehr
4 vgl. https://multipolar-magazin.de/meldungen/0286
Manipulation
Hannes Hofbauer. Feindbild Russland. 2016
Romain Rolland. Clerambault. Geschichte eines freien Gewissens im Krieg. Paris 1920
Jonas Tögel. Kognitive Kriegsführung. Neueste Manipulationstechniken als Waffengattung der NATO. 2023
ders. Alles «Desinformation»? Wie der Staat in die Meinungs- und Pressefreiheit eingreift. In «Berliner Zeitung», 22. Februar 2025
Was ist Krieg? (Auswahl)
Henri Barbusse. Das Feuer. Original «Le feu». Paris 1916
Smedley D. Butler. Zur Hölle mit dem Krieg! Original «War is a Racket». New York 1935. Neu mit einem Vorwort von Erich Vad. Köln 2025.
Ernst Friedrich. Krieg dem Kriege. Berlin 1924.
Erich Maria Remarque. Im Westen nichts Neues. Berlin 1928
Ernst Toller. Eine Jugend in Deutschland. Querido Verlag. Amsterdam 1933