Deutschland

Ein Moratorium der Digitalisierung an Schulen und Kitas!

Bisher wurden die Risiken und negativen Folgen der Digitalisierung auf
unsere Kinder zu wenig ernstgenommen. (Bild keystone)

Grund: Sinkende Lernleistung, negative gesundheitliche, psychische und soziale Nebenwirkungen

Pressemitteilung der «Gesellschaft für Bildung und Wissen e.V.»*

(14. Dezember 2023) (Frankfurt am Main, 22. November 2023) Über 40 führende Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen fordern zusammen mit Kinder- und Jugendärzten von den Kultusministern der Länder ein Moratorium der Digitalisierung an Schulen und vorschulischen Bildungseinrichtungen.

Unter den Erstunterzeichnern sind führende Experten wie der Ordinarius für Schulpädagogik Prof. Klaus Zierer (Universität Augsburg), die Mediziner Prof. Manfred Spitzer (Universitätsklinik Ulm) und Prof. Thomas Fuchs (Jaspers-Lehrstuhl Universität Heidelberg) sowie der Medienpädagoge Prof. Ralf Lankau (Hochschule Offenburg).

«Wir fordern die Kultusminister aller 16 Bundesländer auf, bei der Digitalisierung an Schulen und Kitas ein Moratorium zu erlassen», sagt Prof. Ralf Lankau, einer der Initiatoren des Aufrufs:

«Die wissenschaftliche Erkenntnis ist inzwischen, dass Unterricht mit Tablets und Laptops die Kinder bis zur 6. Klasse nicht schlauer, sondern dümmer macht. Hinzu kommen laut Studien negative gesundheitliche, psychische und soziale Wirkungen durch den vermehrten Einsatz digitaler Geräte im Unterricht. Jetzt ist der Zeitpunkt, dass die Schulpolitik auf die Pädagogen und Kinderärzte dieses Landes hört und den Versuch des digitalen Unterrichts abbricht! In Schweden ist es bereits so weit: Die schwedische Bildungsministerin stoppte den Tablet-Einsatz in der Primarstufe. Das können die Kultusminister in den Ländern nun auch tun.»

Der Moratoriumsaufruf in voller Länge und mit allen Erstunterzeichnern ist verfügbar auf:

https://bildung-wissen.eu/fachbeitraege/wissenschaftler-fordern-moratorium-der-digitalisierung-in-kitas-und-schulen.html

Die skandinavischen Länder waren Vorreiter in der Digitalisierung von Bildungseinrichtungen. Doch die schwedische Regierung korrigierte 2023 die Entscheidung ihrer Vorgänger, bereits Vorschulen des Landes verpflichtend mit digitalen Geräten auszustatten. Der Grund für das Umdenken ist die Stellungnahme von fünf Professoren des renommierten Karolinska-Instituts (Stockholm),1 die die Strategie der Digitalisierung von Schulen in einem Gutachten als falsch kritisierte:

Das Gutachten kommt zum Schluss, dass die behaupteten positiven Befunde nicht belegbar seien. Die Forschung habe stattdessen gezeigt, dass «die Digitalisierung der Schulen grosse, negative Auswirkungen auf den Wissenserwerb der Schüler» habe. Die Ziele (Bildungs- und Chancengerechtigkeit, Unterrichtsverbesserung, gesellschaftliche Teilhabe) würden nicht erreicht, im Gegenteil: «Es ist offensichtlich, dass Bildschirme grosse Nachteile für kleine Kinder haben. Sie behindern das Lernen und die Sprachentwicklung. Zu viel Bildschirmzeit kann zu Konzentrationsschwierigkeiten führen und die körperliche Aktivität verdrängen.»2

Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) hat 2023 die «Leitlinie Prävention dysregulierten Bildschirmmediengebrauchs in Kindheit und Jugend»3 herausgegeben, die von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) sowie von vielen Fachverbänden aus Medizin, Psychologie und Suchtprävention mitgetragen wird. Die wichtigste Empfehlung für alle Altersstufen: Reduktion der Bildschirmzeiten, keine eigenen Geräte für Kinder und keinen unkontrollierten, unbegleiteten Zugang zum Internet.

Der U.S. Surgeon General (oberste Gesundheitsbehörde in den USA) hat 2023 eine Studie zur psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen4 herausgegeben. Sie zeigt detailliert auf, wie stark junge Menschen von digitalen Medien beeinflusst und abhängig werden. Die immer längere Nutzungsdauer und das immer frühere Einstiegsalter habe Folgen für die mentale Gesundheit von Kindern und Jugendlichen: Körperunzufriedenheit, gestörtes Essverhalten, Schlaf- und Konzentrationsstörungen, geringes Selbstwertgefühl, Depression.

*  Gesellschaft für Bildung und Wissen e.V. Die im Juni 2010 gegründete «Gesellschaft für Bildung und Wissen» dient der Auseinandersetzung mit den Grundzügen, Voraussetzungen und Folgen der gegenwärtigen umfassenden Bildungsreform von Schule und Hochschulen. Sie will Beiträge leisten zur öffentlichen Debatte über das Ziel, die Inhalte und Methoden dieser Reform. https://bildung-wissen.eu.

Quelle: https://bildung-wissen.eu/fachbeitraege/pressemitteilung-40-wissenschaftlerinnen-fordern-moratorium-der-digitalisierung-an-schulen-und-kitas.html, 22. November 2023

Kontakt: Prof. Dr. phil. Ralf Lankau, ralf.lankau@bildung-wissen.eu. Senden Sie Mail mit Ihrer Telefonnummer, ich rufe gerne zurück.

1 https://die-pädagogische-wende.de/karolinska-institut-schweden-stellungnahme-zur-nationalen-digitalisierungsstrategie-in-der-bildung/

2 Aus dem Gutachten des Karolinska-Instituts von 2023, einer der besten medizinischen Forschungseinrichtungen der Welt.

3 https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/027-075

4 https://die-pädagogische-wende.de/soziale-medien-und-psychische-gesundheit-von-jugendlichen/
und https://www.hhs.gov/surgeongeneral/priorities/youth-mental-health/social-media/index.html

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