«Hoffnung aufrecht erhalten»
Stellungnahme der ISPS* gegen Euthanasie und assistierten Suizid
(14. April 2025) (CH-S) Die ISPS kritisiert starke gesellschaftliche und rechtliche Tendenzen in vielen Ländern der Welt, Euthanasie und assistierten Suizid zu legalisieren. Sogenannt «sinnloses Leben» soll auf «Wunsch» des Betroffenen nicht vorzeitig ausgelöscht werden dürfen.
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Die ISPS (International Society for Psychological and Social Approaches to Psychosis) möchte die Welt vor der gefährlichen Entwicklung warnen, Euthanasie oder assistierten Suizid für unerträgliches psychisches Leiden aufgrund psychiatrischer Erkrankungen zuzulassen. Dies wirft komplexe medizinische, ethische und gesellschaftlich-politische Fragen auf, die nicht isoliert betrachtet werden können.
Psychiatrische Erkrankungen sind komplex und dynamisch, wobei das Potenzial für Veränderungen und Verbesserungen immer vorhanden ist. Ein starker Sterbewunsch ist oft das Ergebnis von Verzweiflung und Tunnelblick, nicht von einer unumkehrbaren Prognose. Die Aufgabe der Pflegekräfte besteht darin, dieser Verzweiflung entgegenzuwirken, indem sie die Hoffnung aufrechterhalten, offen für Alternativen sind und einen herzlichen, kontinuierlichen Dialog führen, um die zugrunde liegenden Probleme zu verstehen. Wer die Hoffnung aufgibt, untergräbt den Beruf des Psychiaters.
In Ländern, in denen Euthanasie legal ist, bringt dies die Mediziner in eine unmögliche Lage: Sie müssen sowohl das Leben schützen als auch den Tod ermöglichen. Dies widerspricht dem hippokratischen Eid und entwertet den täglichen Kampf und die lebenserhaltenden Bemühungen von Patienten und psychiatrischem Personal. Euthanasie sendet eine «Todesbotschaft» an die Gemeinschaft, die der grundlegenden menschlichen Verbundenheit und Solidarität zuwiderläuft.
Selbstmord und Euthanasie haben tiefgreifende Auswirkungen auf das nahe Umfeld des Betroffenen. Autonomie ist nur in Verbindung mit anderen möglich – «echte Autonomie» gibt es nicht in Isolation. Der assistierte Suizid überträgt die alleinige Verantwortung auf eine Person und lässt die Angehörigen in Schuldgefühlen zurück. Es ist erwiesen, dass die tatsächliche Selbstmordrate in Ländern, in denen Sterbehilfe legal ist, nicht zurückgeht.
Auch die gesellschaftlichen und politischen Auswirkungen sind besorgniserregend. Das Vorhandensein der Euthanasie als Option kann subtilen oder offensichtlichen Druck auf gefährdete Patienten ausüben, sich für den Tod zu entscheiden. Sie führt zu einem gesellschaftlichen Wertewandel und normalisiert die Vorstellung, dass das Leben verhandelbar und nicht mehr von Natur aus wertvoll ist. Dies erinnert an den früheren Missbrauch der Psychiatrie für eugenische Zwecke und die Abwertung bestimmter Lebensformen.
In vielen Ländern wurde jahrelang zu wenig in die psychische Gesundheit investiert, was die Wahlmöglichkeiten und die Unterstützung einschränkte und die Menschen zur Verzweiflung brachte. Jeder Mensch hat ein Menschenrecht auf eine gute psychosoziale Versorgung, nicht ein «Recht» auf Euthanasie. Angesichts des Stigmas, das psychische Erkrankungen umgibt, darf der Staat den ethischen Kodex nicht ändern, um Ärzten zu erlauben, Schaden zuzufügen.
Wie die Begründerin der Hospizbewegung, Cicely Saunders, sagte, «wenn nichts getan werden kann, gibt es immer noch viel zu tun». Die Aufrechterhaltung dieses Kernprinzips der Erhaltung des Lebens und der Menschenwürde ist die Kernfrage, um die es geht.
ISPS-Exekutivausschuss
* Die ISPS (Internationale Gesellschaft für psychologische und soziale Behandlungsansätze bei Psychosen) ist eine internationale Organisation, die in den 1950er Jahren gegründet wurde und die Psychotherapie und psychologische Behandlungen für Personen mit Psychosen (ein Begriff, der Personen mit der Diagnose «Schizophrenie» einschliesst) fördert. Wir setzen uns dafür ein, die Aus- und Weiterbildung sowie das Wissen von Fachkräften im Bereich der psychischen Gesundheit bei der Behandlung und Prävention psychotischer Störungen zu fördern und engagieren uns in einer sinnvollen Partnerschaft mit Gesundheitsfachkräften, Betroffenen, Familien und Betreuern. |
Quelle: https://isps-us.org/what-we-do/advocacy.html/article/2024/12/04/isps-international-release-a-statement-on-euthanasia, 27. November 2024
(Übersetzung «Schweizer Standpunkt»)