Biden und die Ausbeutung der chinesischen Arbeitskräfte

Arbeiter setzen in Shenzhen, China, iPhones und iPads für die
Apple-Tochter Foxconn zusammen – wie lange noch? (Bild keystone)

von Thierry Meyssan*

(15. März 2021) Die Biden-Administration ist von einer fanatischen Ideologie beseelt, die sie kleinen Gruppen linker Gläubigen entlehnt hat. Sie wird von zwei mächtigen Lobbys unterstützt: dem militärisch-industriellen Komplex einerseits und die in China produzierenden, transnationalen Unternehmen andererseits. Thierry Meyssan stellt diese zweite verkannte Lobby vor.

Die Biden-Regierung wird erst im Juni eine endgültige Strategie gegenüber ihrem chinesischen Rivalen festlegen. Eine Ad-hoc-Kommission des Pentagon wird dann dem Weissen Haus Vorschläge unterbreiten.

Unter der Leitung von Präsident Xi Jinping hat China mit seiner Ausbreitung jenseits seiner Landesgrenzen begonnen. Es hat bereits 3000 Soldaten in die Streitkräfte der Vereinten Nationen entsandt und einen Militärstützpunkt in Dschibuti eröffnet. Logischerweise sollte China – wie zur Zeit der historischen Seidenstrasse – entlang der sich im Bau befindenden Verkehrswege Militärposten einrichten, um seine internationalen Handelsbeziehungen zu sichern. Darüber hinaus hat es sich wieder auf jenen kleinen Inseln im Chinesischen Meer angesiedelt, die es im 19. Jahrhundert verlassen hatte.

China will zuerst den Lebensraum zurückerobern, den die westlichen Siedler ihm weggenommen hatten. China ist sich seines Rechts sicher und geht davon aus, dass ihm alles erlaubt sei, um sich zu rächen.

Im Einklang mit der 1999 von General Qiao Liang und Oberst Wang Xiangsui1 dargelegten Strategie, will China jedoch eine direkte militärische Konfrontation mit den USA vermeiden. China zieht es vor, seinen Gegner zu umgehen und hat sich auf nicht deklarierte Kriege verlegt, nämlich vor allem auf kommerzieller, wirtschaftlicher, finanzieller, psychologischer und medialer Ebene.

Der chinesische Irredentismus [sprach- und ethnienbezogener Nationalismus] setzt voraus, dass die westlichen Kräfte, die seit rund 150 Jahren den Fernen Osten besetzen, die Region verlassen müssen. Diese Haltung muss von der chinesischen Entwicklungsstrategie unterschieden werden, der es innerhalb weniger Jahre gelungen ist, hunderte Millionen seiner Bevölkerung aus der Armut zu befreien.

Öffnung des chinesischen Arbeitsmarkt

Die Wirtschaftsstrategie des Neuen Chinas begann 1978 unter der Führung von Deng Xiaoping, hat aber erst ab 1994 wirklich Früchte getragen. Zu dieser Zeit war die Sowjetunion aufgelöst; die US-Armee war weitgehend demobilisiert; Präsident Bush Senior sagte, es sei an der Zeit, Geld zu verdienen, und sein Nachfolger, Präsident Clinton, wurde von grossen Unternehmen aufgefordert, den chinesischen Arbeitsmarkt zu öffnen. Tatsächlich kostete damals ein chinesischer Arbeiter, wenn auch ohne Ausbildung, etwa 20-mal weniger als ein US-Arbeiter.

Präsident Clinton koppelte daher die Verhandlungen über die Menschenrechte (im angelsächsischen Sinne) von den Handelsfragen ab. Dann liess er China in die Welthandelsorganisation (WTO) aufnehmen. Innerhalb weniger Jahre verlagerten die grossen Unternehmen ihre Produktionsstätten an die chinesische Küste, zum Nutzen der Konsumenten und zum Nachteil der amerikanischen Arbeiter.

Zwei Jahrzehnte später konsumierten die USA in grossem Umfang chinesische Produkte, während ihre grossen nun transnational gewordenen Unternehmen ihre Profite exponentiell steigern konnten. Aber gleichzeitig wurden die amerikanischen Konsumgüterfabriken ins Ausland verlagert oder geschlossen, was zur Ausbreitung der Arbeitslosigkeit führte. Die Verteilung des Reichtums wurde derart verändert, dass es zur Zeit kaum noch eine soziale Mittelschicht gibt, sondern vor allem Arme und einige wenige Ultra-Milliardäre.

Dieses Phänomen begann sich auch in Europa auszuweiten, als die amerikanischen Wähler Donald Trump zum Präsidenten erkoren. Dieser versuchte zunächst, die Frage der Zahlungsbilanz mit China (Border-adjustment tax) in gutem Einvernehmen zu lösen, wurde aber von den Demokraten und einem Teil der Republikaner daran gehindert. Da es ihm nicht gelang, eine teilweise Grenzschliessung durchzusetzen, begann er einen Krieg der Zollsätze, bei dem der Kongress kein Mitspracherecht hat.

Im Januar 2021 tritt Präsident Biden offiziell seine Nachfolge an. Er wird von den transnationalen Unternehmen unterstützt, die ihre enormen Profite aus der wirtschaftlichen Globalisierung beziehen. Sofort erklärt er, dass er die Beziehungen zwischen den USA und China normalisieren will. Er ruft Präsident Xi Jinping an, um mit ihm über die Lage der Uiguren und über Hong-Kong zu sprechen. aber er gibt sofort zu, dass Tibet und Taiwan chinesisch sind, was von seinem Vorgänger teilweise bestritten wurde. In einer Pressekonferenz erklärte Biden zudem, dass jedes Land seine «eigenen Normen» habe und dass die politischen Positionen Chinas und der USA jeweils ihre eigene Logik hätten. So konnte er, als er wieder im Weissen Haus war, sagen, dass er die chinesische Unterdrückung des uigurischen Terrorismus «verstehe», obwohl er einige Wochen zuvor China bezichtigte, unter dem Deckmantel der Terrorismus-Bekämpfung «Völkermord» am uigurischen Volk zu begehen.

In den kommenden vier Jahren wird die Regierung Biden daher die Arbeit der Präsidenten Clinton, Bush Jr. und Obama fortsetzen, zum grössten Nutzen der Multi-Milliardäre und zum Nachteil des amerikanischen Volkes. Sie wird sich auf eine Führungsschicht stützen, die persönliche Vorteile aus diesem System zieht.

Um diese Massnahmen zu verstehen, führen wir in der Folge die acht wichtigsten Persönlichkeiten, die die Handelsallianz zwischen den USA und China unterstützen.

  • Auf politischer Ebene: eine der wichtigsten demokratischen Ikonen und den Führer der Republikaner im Senat;

  • auf wirtschaftlicher Ebene: die beiden grössten Vertreiber von Konsumgütern;

  • auf Regierungsebene: vier Entscheidungsträger der Biden-Regierung.

Die parteiischen Befürworter

Dianne Feinstein
Bürgermeisterin von San Francisco (1978–88); Senatorin (seit 1992). Demokratische Partei. Als sie 1978 Bürgermeisterin von San Francisco war, liierte sie sich mit Jiang Zemin, der an der Unterdrückung der farbigen Revolution von Tienanmen (1989) teilnahm und dann Nachfolger von Deng Xiaoping wurde. Durch diesen Kontakt wurde Feinstein zur obligaten Vermittlerin für die transnationalen US-Unternehmen, um Fabriken in China anzusiedeln. So machte sie unter anderem das Vermögen ihres dritten Ehemanns, des Finanziers Richard C. Blum (Blum partners). Frau Feinstein wurde dafür bekannt, dass sie die Veröffentlichung von Informationen über 119 CIA-Gefangene, darunter auch jene von Guantánamo und deren Folterung durchsetzte konnte, im Austausch für ihr Schweigen über die 80’000 geheimen Gefangenen der US-Navy in internationalen Gewässern.

Mitch McConnell
Senator (seit 1984); Derzeitiger Vorsitzender der republikanischen Minderheit im Senat. Republikanische Partei. Er schaffte es, seine Frau Elaine Chao als Verkehrsministerin in der Trump-Administration zu platzieren, im Austausch für die Unterstützung der Republikanischen Partei für Trumps Politik. Sein Schwiegervater, der Geschäftsmann James S.C. Chao, ist ein grosszügiger Spender der Harvard Business School. Damit erreichte er, dass sie eine Generation chinesischer Führungsleute ausbildete.

Die Unterstützer der Grosshandelsunternehmen

Walmart: Familie Walton
Spender der Demokratischen Partei. Hillary Clinton war Mitglied im Verwaltungsrat. Führender Konsumgüterhändler in den USA. Im Jahr 2020 als die reichste Familie der Welt betrachtet.

Amazon: Jeff Bezos
CEO von Amazon, Blue Origin und der Washington Post. Spender der transhumanistischen Bewegung. Grösster Onlinehändler für Konsumgüter im Westen. Galt im Jahr 2020 als der reichste Mann der Welt.

Die Unterstützer der Biden Verwaltung

Ron Klain
Kabinettschef des Vizepräsidenten Al Gore und später des Vizepräsidenten Joe Biden (1999–2011); Kabinettschef des Weissen Hauses (d.h. Koordinator der Administration Biden) (seit 2021). Demokratische Partei. Seine Ehefrau, Monica Medina, arbeitete für die Walton Family Foundation, das heisst für Walmart.

Antony Blinken
Nationaler Sicherheitsberater von Vizepräsident Biden (2009–13); Stellvertretender Berater für nationale Sicherheit von Präsident Obama (2013–15); Stellvertretender Staatssekretär (2015–17); Mitbegründer von WestExec Advisor (2017–21); Staatssekretär (seit 2021). Neokonservativer. Sein Lobbying-Unternehmen WestExec Advisor besteht aus ehemaligen Mitgliedern der Obama-Administration. Es hat die Aufgabe, die Verbindung der transnationalen US-Firmen entweder mit dem US-Verteidigungsministerium oder mit der chinesischen Regierung herzustellen.

Avril Haines
Stellvertretende Direktorin der CIA (2013–15); Stellvertretende Nationale Sicherheitsberaterin (2015–17); Lobbyist bei WestExec Advisors (2018–21); Direktorin des Nationalen Nachrichtendienstes (seit 2021). Demokratische Partei. Bei ihrem Wechsel zu WestExec Advisors verteidigte sie die Interessen der grossen US-Firmen, ihre Fabriken nach China zu verlegen. Frau Haines wird als die «Drohnen-Königin» bezeichnet, weil sie das weltweite Drohnenmordprogramm entworfen hat. Sie war diejenige, die mit Frau Feinstein die Verhandlungen führte, um zu verhindern dass die Entführungen und Folterungen der US-Navy öffentlich wurden.

Neera Tanden
Direktorin des Center for American Progress; Amt für Verwaltung und Haushaltsführung (seit 2021). Neokonservative. Persönliche Freundin von Hillary Clinton. Als Direktorin des Think-Tanks der Demokraten war sie Mitglied der inzwischen aufgelösten China-United States Exchange Foundation (CUSEF). Diese Organisation war von der chinesischen Regierung beauftragt, in den USA die Kritik gegen die Politik der transnationalen Unternehmen ihre Fabriken nach China zu verlagern, zu neutralisieren.

Ermittlungen der «New York Post»

Es sei daran erinnert, dass während des Wahlkampfes alles getan wurde, um die Wähler daran zu hindern, die Ermittlungen der New York Post gegen den Sohn von Präsident Biden, Hunter, einsehen zu können. Unter anderem hat er mit Hilfe von CEFC China Energy, einem inzwischen aufgelösten Unternehmen, in der Ukraine eine Milliarde Dollar gestohlen.

Die chinesische Haltung

Die Wahl von Präsident Biden ist ein grosser Vorteil für China, das noch nicht aus der Unterentwicklung herausgekommen ist. Es hofft, mit der Vorliebe für leicht verdientes Geld der US-amerikanischen Ultramilliardäre spielen zu können, damit sie in China auf eigene Kosten neue Fabriken bauen.

China weiss, dass es nur eine begrenzte Zeit dauern wird. Im Laufe seiner Entwicklung werden die chinesischen Arbeiter immer besser ausgebildet sein und immer teurer werden. Heute schon verdienen diejenigen, die an der Küste des Chinesischen Meeres leben, gleichviel wie die amerikanischen Arbeiter. Sie können somit nicht mehr für den ausländischen Markt arbeiten und wenden sich nunmehr dem zahlungskräftigen Binnenmarkt zu.

China schützt daher bereits jetzt den entwickelten Teil des Landes vor möglichen Standortverlagerungen. Es zwingt alle westlichen Unternehmen, auf Joint Ventures einzugehen, die sich zur Hälfte im Besitz chinesischer Staatsangehöriger befinden. Darüber hinaus muss in jedem Unternehmensvorstand ein Parteivertreter anwesend sein, zur Kontrolle, dass keine antinationale Strategie verfolgt wird.

Längerfristig bereitet sich China vor, die ausländischen Investoren zu verabschieden und deren Märkte zu überschwemmen. Aber dann zum eigenen Vorteil.

Quelle: www.voltairenet.org, 23.2.2021

(Übersetzung Horst Frohlich/Werner Leuthäusser und «Schweizer Standpunkt»)

1 Englische Fassung: Unrestricted Warfare: China's Master Plan to Destroy America, Qiao Liang & Wang Xiangsui, Echo Point Books & Media (2015).

* Thierry Meyssan ist Politischer Berater und Gründungspräsident des Voltaire Netzwerk. Sein aktuellstes Buch in Französisch heisst: Sous nos yeux – Du 11-Septembre à Donald Trump und liegt auch auf Englisch vor.

 

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