Der Zerfall der westlichen Demokratie beginnt in Frankreich
von Thierry Meyssan,* Frankreich
(14. April 2025) Im Jahr 2005 lehnten die Franzosen und die Niederländer den Vertrag über eine Verfassung für Europa in Referenden ab. Doch im Jahr 2007 verabschiedeten die Parlamentarier Frankreichs und der Niederlande denselben Text, der kaum geändert wurde, unter dem Namen Vertrag von Lissabon. Zum ersten Mal seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs zeigten die herrschenden Klassen Frankreichs und der Niederlande ihre souveräne Verachtung für ihre Völker.

(Bild réseau voltaire)
Neunzehn Jahre später ist viel Wasser den Fluss hinuntergeflossen, aber die Praktiken wurden noch härter, insbesondere während der Covid-19-Epidemie im Jahr 2020. Die herrschenden Klassen entwickelten daraufhin einen realitätsfremden Diskurs, in dem sie diese Krankheit wie die grosse Pest als verheerend darstellten, indem sie ein einziges Medikament mit Boten-RNA auferlegten, indem sie es fälschlicherweise als Impfstoff darstellten, und schliesslich mit politischer Unterstützung der Ärzteschaft die obligatorische Isolierung gesunder Menschen anordneten.
Im Jahr 2022 verboten alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union, darunter natürlich auch Frankreich, drei Tage nach Beginn der russischen Militäroperation gegen ukrainische «integrale Nationalisten», den Fernsehsender Russia Today sowohl im Äther als auch über das Internet; eine Entscheidung, die gegen die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten verstösst. Dann folgt in Frankreich das Verbot des TV-Senders C 8, der sich schuldig gemacht hat, nicht dasselbe zu sagen wie die anderen.
Im Jahr 2024 liess die Europäische Union die erste Runde der rumänischen Präsidentschaftswahlen annullieren, da ein der Ukraine und der EU gegenüber ablehnender Kandidat, Călin Georgescu, die erste Runde gewonnen hatte. Die Venedig-Kommission, also das Gremium des Europarats, das die Einhaltung der demokratischen Bedingungen überwacht, bezeichnete diese Annullierung als undemokratisch.
Heute haben drei französische Richter beschlossen, die Favoritin der kommenden Präsidentschaftswahl [Marine Le Pen] von der Kandidatur auszuschliessen. Natürlich hatte ihre Richtergewerkschaft sie aufgefordert, «die extreme Rechte zu blockieren». Natürlich hatte der Verfassungsrat den Grundsatz eines vorläufigen Verbots der Bürgerrechte in erster Instanz bestätigt, wiederum unter Missachtung der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten. Natürlich wurden die Taten, derentwegen Frau Le Pen vor Gericht gestellt wurde, von allen politischen Parteien der damaligen Zeit ausnahmslos und in gleicher Weise begangen. Tatsache bleibt, dass diese Richter, während sie behaupten, «im Namen des französischen Volkes» Recht zu sprechen, ihre souveräne Verachtung für die Willensbekundung ihres Volkes zum Ausdruck gebracht haben.
Die französischen Führungskräfte spüren, wie sich der Knoten um ihren Hals zuzieht, sie protestieren gegen die Gefahr, die sie alle bedroht, tun aber nichts dagegen.
Im Ausland prangerte der Kreml eine «Verletzung demokratischer Normen» an, der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán postete in seinem sozialen Netzwerk: «Ich bin Marine!». Matteo Salvini, Italiens stellvertretender Ministerpräsident, sagte: «Lassen wir uns nicht einschüchtern, hören wir nicht auf: Mit voller Kraft voraus, meine Freundin!». Elon Musk, Chef des Department of Economic Efficiency (DOGE), beklagt einen «Missbrauch des Justizsystems». Donald Trump sagt, dass dies «eine sehr wichtige Angelegenheit ist. Es lässt einen an unser Land denken, es sieht unserem Land sehr ähnlich».
* Thierry Meyssan ist Politischer Berater und Gründungspräsident des Voltaire Netzwerk. Er ist Herausgeber des wöchentlichen Informationsdienstes «Voltaire. Internationale Nachrichten», ISSN 2966-5752. Sein aktuelles Buch in Französisch heisst «Sous nos yeux – Du 11-Septembre à Donald Trump» und wurde in mehrere Sprachen übersetzt. |
Quelle: Voltaire. Internationale Nachrichten, ISSN 2966-5752 N°127, 4. April 2025