«Eine Blaupause für den Frieden in der Ukraine»

von Alfred de Zayas,* Internationales Friedensforschungsinstitut Genf – GIPRI

(21. Juni 2024) Da immer mehr Politiker und Wissenschaftler erkennen, dass der Ukraine-Konflikt nicht militärisch gelöst werden kann, dass es keine Gewinner, sondern nur Verlierer geben wird, sollten wir uns darauf konzentrieren, das Gemetzel zu beenden.

Alfred de Zayas
(Bild zvg)

Dies ist die einzig vernünftige Politik, die wir verfolgen können, und sollte von allen Organisationen der Vereinten Nationen vorangetrieben werden, insbesondere von der Generalversammlung, dem UN-Hochkommissar für Menschenrechte, dem UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, der Weltgesundheitsorganisation usw.

Mein Plan für den Frieden ist einfach:

  1. Waffenstillstand auf der Grundlage der UN-Charta;
  2. Ein Verbot von Waffenlieferungen an die Krieg führenden Parteien;
  3. Von der UNO organisierte internationale Hilfe für alle Bevölkerungsgruppen, die unter dem Krieg, dem Mangel an Energie und Nahrungsmitteln leiden;
  4. UN organisierte und überwachte Referenden auf der Krim und im Donbass;
  5. Aufhebung der Sanktionen, die die Vorteile der Globalisierung zunichte machten, Lieferketten unterbrachen, den internationalen Handel störten und die Ernährungssicherheit gefährdeten;
  6. Ausarbeitung einer neuen Sicherheitsarchitektur für Europa;
  7. Koordinierte Bemühungen der Staaten und des UNHCR, um die Rückführung ukrainischer Flüchtlinge «in Sicherheit und Würde» zu erleichtern;
  8. Ein globaler Fonds für den Wiederaufbau der Infrastrukturen in allen vom Krieg betroffenen Regionen;
  9. Einrichtung einer Wahrheits- und Versöhnungskommission, die sich die Klagen aller Seiten anhören soll;
  10. Die Untersuchung und Bestrafung von Kriegsverbrechen durch die jeweiligen Regierungen, wie sie in den Genfer Konventionen von 1949 und den Protokollen von 1977 festgelegt sind: Ukrainische Verbrechen werden von ukrainischen Richtern verfolgt, russische Verbrechen werden von russischen Gerichten untersucht und geahndet.

Es gibt eine Vorgeschichte zu dieser Katastrophe. Wenn wir zu einer tragfähigen Friedenslösung kommen wollen, müssen wir die Ursachen verstehen und eine Atmosphäre des gegenseitigen Vertrauens schaffen.

Ausserdem dürfen wir den Konflikt nicht nur aus der Sicht der USA, Westeuropas oder Osteuropas analysieren, sondern müssen auch die Ansichten von 1,5 Milliarden Chinesen, 1,5 Milliarden Indern, 240 Millionen Pakistanern, 170 Millionen Bangladeschern, 280 Millionen Indonesiern, 220 Millionen Nigerianern, 220 Millionen Brasilianern, 140 Millionen Mexikanern usw. berücksichtigen.

Es steht zu viel auf dem Spiel, und wir Amerikaner und Europäer haben kein Recht, das Überleben des Planeten wegen eines innereuropäischen Streits zu riskieren. Für den durchschnittlichen Afrikaner, Asiaten oder Lateinamerikaner ist es völlig irrelevant, ob die Krim in Russland oder in der Ukraine liegt.

*  Alfred de Zayas ist Jurist, Völkerrechtler, Historiker und ehemaliger unabhängiger UN-Experte für die Förderung einer demokratischen und gerechten internationalen Ordnung. Er ist Vorstandsmitglied des Genfer Internationalen Friedensforschungsinstituts – GIPRI.

(Übersetzung «Schweizer Standpunkt»)

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