Droht in den USA ein Staatsstreich?

von Leonid Savin, geopolitischer Analyst und Buchautor

(30. September 2020)  Im August erschien in den USA ein merkwürdiges Dokument mit dem Titel «Preventing a Disrupted Presidential Election and Transition» [Verhinderung einer beeinträchtigten Präsidentschaftswahl und des Übergangs]. Es wurde von einer Gruppe namens «Transition Integrity Project» ausgearbeitet, der mehr als hundert derzeitige und ehemalige hochrangige US-Beamte sowie Experten aus verschiedenen Bereichen angehören. Die Gruppe gab bekannt, dass sie Krisenszenario-Übungen für die Wahlen im November 2020 durchgeführt habe, die alle eher enttäuschende Ergebnisse gezeigt hätten.

Es sei darauf hingewiesen, dass der Gruppe, die im Dezember 2019 zusammengestellt wurde, nicht nur Demokraten, sondern auch Republikaner angehören, die sich gegen Donald Trump aussprechen. Es wurde berichtet, dass das Transition Integrity Project die direkte Unterstützung von George Soros hat, der versucht, eine farbige Revolution in den USA zu organisieren.

Unter anderem wurde eine Verbindung aufgedeckt zwischen der Gründerin der Gruppe, Rosa Brooks, und Soros selbst, sowie zwischen Hillary Clintons Wahlkampfleiter John Podesta und dem ehemaligen nationalen Sicherheitsberater Jake Sullivan, der für Joe Biden arbeitet.

Rosa Brooks ist Stipendiatin der New America Foundation, die von den Open Society Foundations gesponsert wurde, und sie war während der Präsidentschaft von Bill Clinton und Barak Obama als leitende nationale Sicherheitsberaterin im US-Aussenministerium tätig. Gegenwärtig verfolgt sie eine akademische Karriere am Modern War Institute in West Point. Aus irgendeinem Grund glaubt Rosa Brooks, dass die bevorstehenden Wahlen zu Gewalt und einer Verfassungskrise führen werden.

Der zweite Gründer der Gruppe ist Nils Gilman, Vizepräsident für Programme am Berggruen-Institut (San Francisco), der auch bei der Rockefeller Foundation arbeitet. Das Institut ist ein Forschungszentrum, das Ideen des Transhumanismus fördert, d.h. es stellt sich gegen traditionelle Werte.

Direktorin der Gruppe ist Zoe Hudson – eine ehemalige leitende Politikanalytikerin der Open Society Foundations von Soros, die mehr als zehn Jahre lang für die Aufrechterhaltung der Kontakte zwischen der Organisation und den US-Regierungsstellen verantwortlich war.

Zur Gruppe gehören auch der bekannte neokonservative Bill Kristol, der Militäranalytiker Max Boot, der ehemalige US-Verteidigungsminister Chuck Hagel und der bereits erwähnte John Podesta.

In dem 22-seitigen Dokument heisst es: «Die Wahlen im November werden von einer chaotischen rechtlichen und politischen Landschaft geprägt sein. Wir gehen auch davon aus, dass [sic] Präsident Trump das Ergebnis wahrscheinlich sowohl auf juristischem als auch auf ausserjuristischem Wege anfechten wird, um an der Macht zu bleiben.» Die jüngsten Proteste, zu deren Niederschlagung Bundesagenten eingesetzt wurden, werden ebenfalls als Beweis dafür angesehen, dass Trump zu extremen Massnahmen greifen könnte, um im Amt zu bleiben.

Hier sind die wichtigsten Schlussfolgerungen, die die Autoren selbst im Bericht hervorheben:

  • Das Konzept der «Wahlnacht» ist nicht mehr zutreffend und gefährlich geworden. «Wir stehen vor einer Periode der Anfechtung, die sich vom ersten Tag der Stimmabgabe Mitte September bis zum 20. Januar erstreckt», stellen die Autoren des Berichts fest. «Der Gewinner wird in der ‹Wahlnacht› möglicherweise und nach unserer Einschätzung wahrscheinlich nicht bekannt sein, da die Beamten die per Post eingegangenen Stimmzettel zählen werden. Diese Zeit der Ungewissheit bietet einem skrupellosen Kandidaten Gelegenheit, die Legitimität des Prozesses in Frage zu stellen und einen beispiellosen Angriff auf das Ergebnis zu starten. Kampagnen, Parteien, die Presse und die Öffentlichkeit müssen dazu erzogen werden, ihre Erwartungen ab sofort anzupassen.»
  • Eine entschlossene Kampagne wird die Wahlen bis Januar 2021 anfechten können. Im Bericht heisst es: «Wir rechnen mit Klagen, divergierenden Narrativen in den Medien, Versuchen, die Auszählung der Stimmzettel zu stoppen und Protesten, die Menschen von beiden Seiten anziehen werden. Der amtierende Präsident Trump wird sehr wahrscheinlich die Exekutive nutzen, um seine Wahlkampfstrategie zu unterstützen, auch über das Justizministerium. Wir gehen davon aus, dass eine Chance besteht, dass der Präsident versuchen wird, die Legislative und/oder Gouverneure davon zu überzeugen, Massnahmen – einschliesslich illegaler Aktionen – zu ergreifen, um der Volksabstimmung zu trotzen. Die Bundesgesetze bieten wenige Anhaltspunkte dafür, wie der Kongress Unregelmässigkeiten lösen sollte, wenn er am 6. Januar 2021 zu einer gemeinsamen Sitzung zusammentritt. Besonders besorgniserregend ist, wie das Militär im Zusammenhang mit unsicheren Wahlergebnissen reagieren würde. Hier bieten jüngste Erkenntnisse eine gewisse Beruhigung, aber sie sind nicht schlüssig.»
  • Der administrative Übergangsprozess selbst könnte ernsthaft behindert werden. Den Autoren des Berichts zufolge: «Teilnehmer an unseren Übungen mit verschiedenen Hintergründen und Ideologien sind der Meinung, dass Trump persönlichen Gewinn und Selbstschutz über die Gewährleistung einer geordneten administrativen Übergabe an seinen Nachfolger stellen würde. Trump könnte Begnadigungen nutzen, um eine künftige Strafverfolgung zu vereiteln, Geschäftsabschlüsse mit ausländischen Regierungen arrangieren, von denen er finanziell profitiert, versuchen, Mitarbeiter zu bestechen und zum Schweigen zu bringen, sensible Dokumente freigeben und versuchen, Bundesgelder für seine eigenen Geschäfte abzuzweigen.»

Der Bericht enthält vier Empfehlungen, welche die für farbige Revolutionen typische Agenda widerspiegeln – Vorbereitung von Ressourcen, Szenarien, Klagen usw.

  • Planungen für eine angefochtene Wahl. «Wenn es eine Krise gibt, werden sich die Ereignisse schnell entfalten, und die unter Schlafmanko leidenden Führer werden aufgefordert werden, rasch Folgeentscheidungen zu treffen», heisst es im Bericht. «Wenn die Optionen jetzt durchdacht werden, wird man bessere Entscheidungen treffen können. Betrachten Sie dies als einen politischen Kampf, nicht nur als einen juristischen. Im Falle einer Wahlanfechtung wird eine anhaltende politische Mobilisierung wahrscheinlich entscheidend sein, um die Integrität des Übergangs zu gewährleisten. Mindestens bis Ende Januar müssen engagierte Mitarbeiter und Ressourcen zur Verfügung stehen.»
  • Konzentrierung auf Bereitschaft in den USA um politische Unterstützung für eine vollständige und genaue Auszählung zu liefern. Die Autoren des Berichts präzisieren: «Gouverneure, Staatssekretäre, Generalstaatsanwälte und Gesetzgeber können Gesetze und Normen vermitteln und verstärken und bereit sein, Unregelmässigkeiten entgegenzutreten. Die Wahlbeamten werden politische und öffentliche Unterstützung benötigen, um den Prozess zu Ende zu führen.»
  • Die beiden grössten Bedrohungen müssen frontal angegangen werden: Lügen über «Wahlbetrug» und Eskalation der Gewalt. «Wahlbetrug gibt es praktisch nicht», heisst es in dem Bericht, «aber Trump lügt, um ein Narrativ zu schaffen, das darauf abzielt, seine Basis politisch zu mobilisieren und die Grundlage für die Anfechtung der Wahlergebnisse zu schaffen, falls er verliert. Das Potenzial für gewaltsame Konflikte ist hoch, insbesondere da Trump seine Anhänger ermutigt, zu den Waffen zu greifen.»
  • Rechnen Sie mit einem schwierigen administrativen Übergang. Dem Bericht zufolge: «Die Übergangsteams werden wahrscheinlich zwei Dinge gleichzeitig tun müssen: sich gegen Trumps rücksichtsloses Handeln auf seinem Weg aus dem Amt verteidigen und kreative Lösungen finden, um sicherzustellen, dass die «Landungs»teams Zugang zu den Informationen und Ressourcen haben, die sie benötigen, um mit den Vorbereitungen für die Regierung zu beginnen.»

Viele liberale Medien haben die Aussagen des Transition Integrity Project unterstützt und eine Reihe von Interviews über die von der Gruppe durchgeführten «Kriegsspiele» veröffentlicht. Führende Fernsehsender in den USA unterstützen ebenfalls das Image der Gruppe und geben ihren Schilderungen Sendezeit. Zum Beispiel erklärte Al Gore offen und live auf Fox News, dass Trump, wenn er das Weisse Haus im Januar 2021 nicht verlässt, vom Militär entfernt werde.

In Wirklichkeit war eines der Übungsszenarien der Gruppe ein klarer Trump-Sieg. Auf welcher Grundlage würden dann die US-Bürger ihren Widerstand zeigen und Aufstände organisieren?

Trotz solcher Widersprüche und der Tatsache, dass die Bestimmung der US-Verfassung über Präsidentschaftswahlen, die den Mechanismus zur Anerkennung des Siegers klar aufzeigt, nicht erwähnt wird, geht aus dem Bericht selbst und der anschliessenden Reaktion hervor, dass die öffentliche Meinung in den USA programmiert wird und dabei mehrere Elemente umfasst: die Unvermeidlichkeit ziviler Konflikte im ganzen Land; die direkte Verantwortlichkeit von Donald Trump; die Notwendigkeit einer Massenmobilisierung; und eine militärische Intervention zugunsten von Trumps Gegner, das heisst des Vertreters der Demokratischen Partei der USA.

Zumindest entwerten diese Aktivitäten jetzt schon die Praxis der Wahldemokratie, die bisher als Grundlage der westlichen «rechtsstaatlichen» Gesellschaften angesehen wurde.

Quelle: https://orientalreview.org/2020/09/28/is-there-a-coup-brewing-in-the-us, 28.9.2020 

(Übersetzung aus dem Englischen: Schweizer Standpunkt)

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