Verbrechen gegen die Menschlichkeit: Serbiens Klage gegen die Nato
Mehr als 15 Tonnen Uranbomben wurden 1999 auf Jugoslawien abgeworfen
von Natali Milenkovic*
(18. April 2023) Über 4000 Bürger Serbiens, einschliesslich des Kosovo und Metohija, verklagen die Nato. Ihre Krebsdiagnosen sind eine direkte Folge der Nato-Bombardierungen auf Jugoslawien im Jahr 1999.
Im Jahr 2022 begann Srdjan Aleksic, ein Anwalt aus Niš, Serbien, ein Gerichtsverfahren gegen die Nato. Seit Beginn der Beweissammlung in 2017 bis heute haben über viertausend Bürgerinnen und Bürger Serbiens, einschliesslich Kosovo und Metohija, Interesse gezeigt, die Nato zu verklagen, da sie aufgrund ihrer eigenen Krebsdiagnosen und der Diagnosen ihrer Familienangehörigen davon ausgehen, dass diese in direktem Zusammenhang mit der Bombardierung Jugoslawiens im Jahr 1999 stehen, bei der Geschosse mit abgereichertem Uran, sogenannte DU-Munition (depleted uranium) verwendet wurde.
Die Nato hat bereits zugegeben, dass sie über 15 Tonnen Uran über dem Kosovo und Metohija und den südlichen Teilen Serbiens wie Presevo, Bujanovac und Vranje abgeworfen hat.
Als Folge dieser Bombardierungen wird in Serbien jedes Jahr bei mehr als dreissigtausend Menschen Krebs diagnostiziert, und das in einem Land, in dem vor den Bombardierungen im Jahr 1999 bei weniger als siebentausend Bürgern pro Jahr dieselbe Diagnose gestellt wurde. Serbien ist heute das Land in Europa, in dem die meisten Krebsdiagnosen gestellt werden, und das zweithäufigste in der Welt.
Der italienische Anwalt Andjelo Fiore Tartalja gehört zum Anwaltsteam von Srdjan Aleksic und berät ihn bei den Klagen, die im Namen serbischer Bürger gegen die Nato eingereicht wurden.
Tartalja hat in Italien über 350 Fälle gewonnen, in denen er nachgewiesen hat, dass bei italienischen Soldaten und Offizieren der Friedenstruppen, die im Kosovo und Metohija nach den Bombardierungen stationiert waren, wo die meisten Uranbomben abgeworfen wurden, Krebs diagnostiziert wurde und viele von ihnen als direkte Folge des Urans in den Nato-Bomben gestorben sind. Bei der Analyse ihres Blutes wurde 500-mal mehr Metall gefunden als normal.
Bei über siebentausend italienischen Soldaten und Offizieren wurde nach ihrem Einsatz im Kosovo und Metohija Krebs diagnostiziert, und 400 von ihnen sind daran gestorben. Es ist auch wichtig zu betonen, dass nicht nur in Serbien ein enormer Anstieg der Krebsdiagnosen zu verzeichnen ist, sondern auch in Nachbarländern wie Bulgarien, Rumänien, Nordmazedonien und Bosnien und Herzegowina.
Man geht davon aus, dass sich die feinsten Partikel von Uranbomben nach dem Auftreffen auf ihr Ziel stark verteilen (was von verschiedenen Faktoren abhängt) und dass es über 4,5 Milliarden Jahre dauert, bis Uran zerfällt, und dass es Tausende von Jahren und vielleicht noch länger im Boden verbleibt.
Die Nato ist also nicht nur für «Verbrechen gegen die Menschlichkeit» verantwortlich, wenn sie diese Bomben einsetzt und Restminen hinterlässt, sondern sie hat auch das Verbrechen des Ökozids begangen, indem sie das Ökosystem und die biologische Vielfalt Serbiens beschädigt und zerstört hat. Obwohl dies noch nicht als Verbrechen nach internationalem Recht anerkannt wurde, wird darüber nachgedacht, damit sowohl Menschen als auch Unternehmen und Armeen für die Verbrechen der Umweltverschmutzung zur Verantwortung gezogen werden können.
Srdjan Aleksic und sein Anwaltsteam haben bisher die medizinischen Unterlagen und Vollmachten von 1500 Bürgern gesammelt, und 35 Fälle wurden vor dem Obergericht in Belgrad verhandelt. Jeden Monat werden 10 neue Fälle eingereicht, und so wird es auch weitergehen. In den Fällen, in denen der Kläger verstorben ist, haben Familienangehörige die medizinischen Unterlagen übermittelt und werden das Verfahren in ihrem Namen fortsetzen, und auch diese Fälle werden vor dem Obergericht in Belgrad verhandelt.
Srdjan Aleksic und sein Team von Anwälten sind nicht an wirtschaftlichem Gewinn interessiert und verlangen von ihren Klienten keine Gebühren für ihre juristische Arbeit, da die meisten Kläger aus den südlichen Teilen Serbiens stammen, die extrem arm sind und bereits fast alles verkauft haben, was sie besitzen, nur um wegen ihres Krebses behandelt zu werden.
Es wird vermutet, dass mehr Kläger die Nato verklagen würden, wenn die Gebühren für die Einleitung eines Gerichtsverfahrens in Serbien nicht 350 Euro betragen würden. Die meisten Menschen in den südlichen Teilen Serbiens haben nicht die Mittel, um solche Kosten zu begleichen.
Srdjan Aleksic hat auch ein persönliches Motiv, da seine Mutter und viele seiner Familienmitglieder aus seinem Dorf in der Nähe von Bujanovac nach den Nato-Bombardierungen an Krebs gestorben sind.
Aufgrund der Zunahme der Krebsdiagnosen in Bosnien und Herzegowina nach den Nato-Bombardements im Jahr 1995 erwägen viele Bürger, die Nato zu verklagen, weil sie überzeugt sind, dass das damals verwendete Uran die Ursache für ihre Krebsdiagnosen ist. Zurzeit warten sie den Ausgang des Prozesses in Serbien ab, bevor sie ihre rechtlichen Schritte einleiten.
Der Film «Deadly Dust», 2007, von Frieder Wagner dokumentiert die Folgen des Einsatzes von DU-Munition im Irak 2003.
Die Nato hat geantwortet, dass sie Immunität geniesse und sich aufgrund des 2005 zwischen Serbien und der Nato unterzeichneten Transitabkommens und des Beitritts Serbiens zur «Partnerschaft für den Frieden» (PfP) im Jahr 2006 nicht vor dem Obergericht in Belgrad verantworten müsse.
Das Transitabkommen und die «Partnerschaft für den Frieden» haben nichts mit den in diesem Artikel erwähnten Rechtsfällen zu tun. Das Transitabkommen ist lediglich ein Abkommen, das es den alliierten Streitkräften im Rahmen der KFOR erlaubt, serbisches Hoheitsgebiet zu durchqueren. Bei der «Partnerschaft für den Frieden» arbeitet Serbien mit der Nato und dem Haager Tribunal zusammen.
Srdjan Aleksic sagt, dass die Immunität nicht rückwirkend angewandt werden kann, da die Bombardierungen 1999 stattfanden und die
Abkommen sechs Jahre später unterzeichnet wurden.
Das Verfahren wurde verschoben, weil Oberst Dragan Stojcic, der 280 Tage an der kosovarisch-serbischen Grenze und im Kosovo gedient hatte, an den Folgen seiner Krebserkrankung verstorben ist. Er war die erste Person, die die Nato verklagte. Seine Frau wird sein Verfahren vor Gericht weiterführen. Die Prozesse werden voraussichtlich Ende 2023 beginnen.
* Natali Milenkovic ist Studentin an der Universität Malmö, Schweden. |
Quelle: https://www.globalresearch.ca/over-4000-citizens-serbia-kosovo-metohija-want-sue-nato-believing-their-cancer-diagnoses-direct-cause-nato-bombings-yugoslavia-1999/5814854, 7. April 2023
(Übersetzung «Schweizer Standpunkt»)
Quellen
Bujanovacke Vesti. 31. März 2023: https://bujanovacke.co.rs/2023/03/31/advokat-aleksic-stanovnici-juga-srbije-prodaju-sve-da-bi-se-lecili-od-raka/
Danas. 23. März 2022: https://www.danas.rs/vesti/drustvo/nato-jos-nije-primio-tuzbe-pa-sudjenje-ne-moze-da-pocne/
Europa.eu. «Die Beziehungen zwischen der Nato und Serbien»: https://www.europarl.europa.eu/meetdocs/2009_2014/documents/sede/dv/sede130411natoserbia_/sede130411natoserbia_en.pdf
RTRS. 12. Juni 2022: https://lat.rtrs.tv/vijesti/vijest.php?id=476700
Vesti Online. 8. November 2022: https://www.vesti-online.com/i-srpska-da-tuzi-nato-2/
Telegraf. 13. Juni 2022: https://www.telegraf.rs/vesti/srbija/3512301-vise-od-3000-srba-zeli-da-tuzi-nato-zbog-raka-kao-posledice-bombardovanja-odsteta-i-do-300000-evra