Eidgenössische Abstimmung vom 28. November

Covid-19-Gesetz: Einschränkung von Freiheitsrechten?

René Zeyer (Bild
persönlich.com)

von René Zeyer*

(5. November 2021) Grundrechte bilden das Fundament einer freiheitlichen Zivilisation. Eine Pandemie gefährdet die Gesundheit. Beschneidung der Grundrechte gefährdet die Gesellschaft.

Freiheiten benützt man, ohne sich Gedanken darüber zu machen, was für ein Privileg sie darstellen. Und wie schnell sie gefährdet sein können.

Verfassungsmässige Grundrechte, das weiss jeder Laie, sollten unantastbar sein. Dazu gehören Meinungs-, Versammlungs- und Bewegungsfreiheit. Sowie die Freiheit von Zwang, ausser der ist gesetzlich legitimiert.

Die eigene Freiheit findet normalerweise dort ihre Grenze, wo sie die Freiheitsrechte von anderen tangiert. Dem Staat, beziehungsweise seinen Organen, ist es vorbehalten, Regeln notfalls auch mit Gewalt durchzusetzen. Soweit die Grundlagen der Staatskunde. Bevor gegähnt wird: die Pandemie gefährdet nicht nur die Gesundheit, sondern auch die Freiheit.

Wer das beklagt, wird normalerweise als Wirrkopf, Corona-Leugner, Aluhut-Träger oder gestörter Freiheitstrychler abgekanzelt. Dabei sitzen Antidemokraten an medialen Schalthebeln. So der Politchef des grössten Medienkonzerns der Schweiz Denis von Burg. Der fordert – flächendeckend multipliziert durch die unzähligen Kopfblätter von Tamedia – Zwangsimpfungen, obwohl es keinen Impfzwang gibt – theoretisch.

Auf der anderen Seite melden Staatsrechtsprofessoren schwere Bedenken bezüglich der Einschränkungen von Freiheitsrechten durch das Covid-19-Gesetz an. Sie stellen es sogar grundsätzlich in Frage. «Die Änderung des Covid-19-Gesetzes ist ein weiterhin verfassungswidriges Vorhaben.» Schreibt Andreas Kley** in der NZZ. Der Professor für öffentliches Recht, Verfassungsgeschichte sowie Staats- und Rechtsphilosophie an der Universität Zürich bemängelt, dass das Covid-Gesetz dem Bundesrat ein «Kompetenzgeschenk» mache: «Es will lediglich gesetzliche Grundlagen für schon bestehende (Not-)Verordnungen schaffen.»

Schlimmer noch: «Im Gesetz heisst es immer wieder ‹Der Bundesrat kann, kann, kann . . .›» Es handle sich um ein «undemokratisches Vorhaben», «die Bundesgesetze dürfen keine inhaltsarmen Blankettgesetze sein». Also im Wesentlichen nur Verweise auf andere Gesetze enthalten.

Schlimmer noch: «Das Gesetz übergeht den Verfassungsgeber und damit Volk und Stände. Der Titel des Covid-19-Gesetzes dokumentiert ein substanzielles Versagen der Bundesversammlung. Sie nimmt ihre Kernaufgabe, die Gesetzgebung, nicht ernst.»

Schlimme Schlussfolgerung: «Das demokratisch gewählte höchste Organ des Bundes hat mit dem Covid-19-Gesetz und seinen Änderungen zwei wichtige Artikel der Bundesverfassung missachtet und die schweizerische Demokratie grob beschädigt.»

Beat Rieder ist Ständerat der «Mitte», Advokat und Notar. Ausserdem ist er Präsident der Kommission für Rechtsfragen der «Chambre de réflexion» und machte sich dort dafür stark, die Hürden für superprovisorische Verbote der Publikation von Artikeln niedriger zu legen. Dafür wurde er auch auf ZACKBUM scharf kritisiert.1

Aber nun sagt er zur Zertifikatspflicht und dem Impfpass, das sei grundrechtswidrig, unhaltbar, ein «Missgriff». Das Gesetz sei überstürzt zusammengenagelt worden, wirtschaftliche Auswirkungen und mögliche Einschränkungen der Grundrechte seien nicht genügend berücksichtigt.

Oder in einem Satz: «Wir befinden uns seit Ausbruch der Krise auf einer schiefen Ebene und bewegen uns eigentlich immer mehr in Richtung der Verletzung elementarster Grundrechte in der Schweiz», gibt er gegenüber CH Media zu Protokoll.

Der Artikel des renommierte Rechtsprofessors erschien am 20. Oktober immerhin in der NZZ. Eine gewichtige Kritik auf einer seriösen Plattform. Reaktion? Null. Während sich ein Fakefakten-Checker von Tamedia immerhin bemüssigt sah, mit untauglichen Mitteln eine Harvard-Studie zu desavouieren – ohne deren Kernaussage, dass es keine signifikante Korrelation zwischen Impfquote und Anzahl Infektion gibt, widerlegen zu können –, herrscht hier einfach Schweigen.

Das ist bedenklich. Denn sowohl der Rechtsprofessor wie der Präsident der Rechtskommission des Ständerates wie ein Harvard-Professor könnten sich tatsächlich irren. Aber ihre Analysen, Erkenntnisse und Argumente haben dermassen Gewicht, kommen aus berufenem Mund, dass eine ernsthafte öffentliche Debatte im Vorfeld der Referendums-Abstimmung über das Corona-Gesetz dringend geboten wäre.

Aber stattdessen herrscht in den Mainstreammedien aufkommende Panik, dass das Referendum, das mit aller Medienmacht bekämpft wird, angenommen werden könnte. Obwohl Tamedia, CH Media und Ringier – im Verbund mit der SRG – alles dafür tun, es zu diskreditieren, Befürworter als Verwirrte, Verpeilte, Gestörte, gar gewaltbereite Irre abzustempeln.

Noch angefasster reagieren diese Meinungsmonopolisten, wenn nun auch immer mehr linke Gruppierungen oder Exponenten wie Sibylle Berg sich als Gegner des Gesetzes positionieren. «Trychler und Antifa» brachte das der «Blick» schreckensbleich auf den Punkt. Statt ihre Aufgabe als Meinungsforum wahrzunehmen, wird immer hemmungsloser der eigene Ruf, soweit noch vorhanden, ruiniert.

Gewichtige kritische Stimmen werden ignoriert oder niedergemacht. Wenn am Donnerstag weniger Manifestanten als sonst in Bern auftreten, wird schon jubiliert, dass der Pfupf wohl draussen sei. Füllen dann am Samstag Zehntausende den Bundeshausplatz und die umgebenden Strassen, dann werden die in Kleinstmeldungen auf «wenige tausend» runtergestuhlt. Erst nach massivem Protest wird zähneknirschend eingeräumt, dass diese «ersten Schätzungen» vielleicht eine Idee zu niedrig gewesen sein könnten.

Die Pandemie wird vorübergehen, mit diesem Gesetz oder ohne. Die Beschädigung der Glaubwürdigkeit der Medien wird bleiben, die Kritik an einer zusätzlichen Steuermilliarde [siehe Mediensubventions-Gesetz] für diese peinliche Leistung ansteckend werden. Denn ein solcher Schmierenjournalismus, solche ungehemmte Antidemokraten wie Denis von Burg bei Tamedia haben es wirklich nicht verdient, mit Steuergeldern belohnt zu werden.

Sollte das Referendum abgelehnt werden, werden auch unsere Freiheitsrechte tangiert bleiben, was noch unerträglicher wäre. Aber die spürbar anschwellende Panik der Gegner macht Hoffnung.

* René Zeyer (1955) ist Publizist, Bestsellerautor («Bank, Banker, Bankrott») und Kommunikationsberater. Er lebt in Zürich und Havanna.

** siehe ganzer Artikel von Prof. A. Kley auf https://www.schweizer-standpunkt.ch/news-detailansicht-de-gesellchaft/das-covid-19-gesetz-uebergeht-den-verfassungsgeber-und-damit-volk-und-staende.html

Quelle: Die Ostschweiz vom 28. Oktober 2021. https://www.dieostschweiz.ch/artikel/jeder-hat-das-recht-QQyn975

1 https://www.zackbum.ch/2021/05/04/anschlag-auf-die-pressefreiheit-2/

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