Klimagipfel: Das Finanzwesen grün machen?

von Thierry Meyssan*

Thierry Meyssan
(Bild réseau voltaire)

(01.12.2021) Der Klimagipfel COP26 in Glasgow war eine unterhaltsame Show, die die Aufmerksamkeit des Publikums von dem ablenken sollte, was vor sich geht. Der IPCC – das Klimaexpertenkomitee der COP (Konferenz der Vertragsparteien) – sagt tauben Regierungen nicht die Apokalypse voraus, sondern liefert ihnen eine Argumentation zur Rechtfertigung ihrer politischen Ambitionen. Die Präsidenten Wladimir Putin und Xi Jinping, die den Finanzplänen der COP entschieden feindlich gegenüberstehen, weigerten sich, dorthin zu gehen, wo die grossen Banker von Investitionen in Höhe von 100 Milliarden Dollar sprechen.

Die «Konferenzen der Vereinten Nationen über Klimawandel» werden immer von apokalyptischer Rhetorik begleitet, führen aber nie zu quantifizierbaren und überprüfbaren Verpflichtungen. Sie führen nur zu Versprechen, die mit grossem Pomp unterzeichnet, aber immer in der Möglichkeitsform formuliert sind.

Die Konferenz, die vom 31. Oktober bis 12. November 2021 in Glasgow (Vereinigtes Königreich) stattgefunden hat, ist da keine Ausnahme. Sie begann mit dem spektakulären Video eines Dinosauriers, das auf der Generalversammlung der Vereinten Nationen das mögliche Aussterben der menschlichen Spezies ankündigte, und setzte sich mit der Eröffnungsrede des britischen Premierministers Boris Johnson fort, der berichtete was James Bond angesichts der Klimaherausforderung tun würde. Diese Inszenierung setzte sich auf den Strassen mit einer Demonstration unter der Leitung von Greta Thunberg fort, um alle Regierungen der Welt für illegitim zu erklären und das «Scheitern» der gerade erst begonnenen Konferenz anzuprangern.

Die politischen Führer, die dazu aufgerufen haben, die Menschheit vor einem bevorstehenden Ende zu retten, sind dieselben, die Milliarden Dollar in Atomwaffen investieren, die in der Lage sind, das menschliche Leben auf unserem Planeten auszulöschen.1

Was man sicher sagen kann, ist, dass diese Konferenz eine qualitativ hochwertige Unterhaltung für Zuschauer auf der ganzen Welt ist, aber kein diplomatisches Treffen, das darauf abzielt, die Produktion von Treibhausgasen zu reduzieren. Aber dann: Welche Realität will dieser Zirkus verschleiern? Warum nehmen alle UNO-Mitgliedstaaten daran teil?

«Globale Erwärmung»

Um diese Fragen zu beantworten, müssen wir uns zunächst von einigen falschen Gewissheiten über die «globale Erwärmung» befreien.

Wir «glauben» fälschlicherweise, dass die «globale Erwärmung» das Überleben unserer Spezies bedroht. Das Klima hat sich immer verändert, nicht linear, sondern in Zyklen. Die Erde war vor sieben Jahrhunderten wärmer als heute. Hier in Frankreich waren die Gletscher der Alpen kleiner als heute und es gab wilde Kamele in der Provence. Manche unserer Küsten reichten weiter ins Meer als heute, andere hingegen weniger weit usw.

Wir haben festgestellt, dass die globale Erwärmung in Europa mit der industriellen Revolution korrespondiert. Deshalb «glauben» wir, dass die Klimaveränderungen, die wir erleben, durch die industrielle Produktion von Treibhausgasen in den letzten zwei Jahrhunderten beschleunigt wurden. Das ist möglich, aber Gleichzeitigkeit ist keine Kausalität. Es gibt andere Hypothesen, darunter die des serbischen Geophysikers Milutin Milanković die auf den Variationen der Erdumlaufbahn (Exzentrizität, Schräglage und Präzession der Erdachse) basieren.

Die Gründung des IPCC durch Margaret Thatcher

Wenden wir uns nun den Konferenzen der Vereinten Nationen zu. 1988 überzeugten die kanadischen und britischen Premierminister Brian Mulroney und Margaret Thatcher ihre Partner (die USA, Frankreich, Deutschland und Italien), einen Zwischenstaatlichen Ausschuss für Klimaänderungen (IPCC) unter der Schirmherrschaft des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) und der Weltorganisation für Meteorologie zu finanzieren. Bald darauf behauptete Frau Thatcher, dass Treibhausgase, das Ozonloch und der saure Regen zwischenstaatliche Handlungen erforderten.2 Diese schöne Rede verschleierte politische Ziele. Gemäss ihren Beratern ging es ihr darum, den Bergarbeitergewerkschaften ein Ende zu setzen und eine neue industrielle Revolution auf der Grundlage von Nordseeöl und Atomkraft zu fördern.3

Der IPCC ist keineswegs eine gelehrte Akademie von Klimatologen, sondern, wie der Name schon sagt, eine «zwischenstaatliche Gruppe». Es geht nicht um Klimatologie, sondern um Klimapolitik. Die überwiegende Mehrheit seiner Mitglieder sind keine Wissenschaftler, sondern Diplomaten. Was die Klimatologen betrifft, die ihm angehören, sind sie nicht als Wissenschaftler da, sondern als Experten innerhalb ihrer Regierungsdelegation, somit als Beamte. Alle ihre öffentlichen Interventionen werden von ihrer Regierung kontrolliert. Es ist daher grotesk, von einem «wissenschaftlichen» Konsens zu sprechen, um auf den politischen Konsens zu verweisen, der in dieser Versammlung vorherrscht. Damit verdeckt man die wirkliche Funktion von zwischenstaatlichen Institutionen.

Im Gegensatz zu dem, was Greta Thunberg glaubt, droht der IPCC nicht gehörlosen Regierungen mit der Apokalypse. Vielmehr gehorcht er ihnen treu und arbeitet mit Klimatologen eine Rhetorik aus, um politische Veränderungen zu rechtfertigen, die normale Menschen sonst zurückweisen würden.

Die Arbeit des IPCC dient jedes Jahr als Grundlage für eine Konferenz der Vertragsparteien (COP), die Unterzeichner der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) sind. Die 26. Ausgabe hat in Glasgow (COP26) stattgefunden. In seinem ersten Bericht aus dem Jahr 1990 hielt der IPCC eine eindeutige Zunahme des Treibhauseffekts «in den kommenden Jahrzehnten oder mehr» für «wenig wahrscheinlich». Aber was 1990 die Wahrheit war, wird 2021 als ketzerisch bezeichnet.

Die ersten Konferenzen widmeten sich der Information und Sensibilisierung der Öffentlichkeit für den Klimawandel. Allen war klar, dass manche Gebiete unbewohnbar werden würden und dass manche Bevölkerungen umziehen müssten. Erst im Laufe der Zeit wurde dann gesagt, dass die Veränderungen ein solches Ausmass annehmen würden, dass sie das Überleben der gesamten menschlichen Spezies bedrohen könnten. Dieser Wandel im Diskurs erklärt sich nicht durch eine plötzliche wissenschaftliche Entdeckung, die die bisherige Wahrheit in Frage gestellt hätte, sondern durch die sich verändernden Anforderungen der Regierungen.

Die Konsumgesellschaft steht am Rande des Abgrundes: Man kann den Menschen nicht verkaufen, was sie bereits haben. Wenn Industrien zusammenbrechen, verschwinden Arbeitsplätze und Regierungen werden gestürzt. Es gibt nur eine Lösung, um dies zu vermeiden: Zum Beispiel waren in den späten 90er Jahren die meisten westlichen Gesellschaften schon mit Computern ausgestattet. Es wurde unmöglich, mehr Computer zu verkaufen. Also propagierte man den Schwindel des Jahrhunderts: den «Bug des Jahres 2000».

Die gesamte Informatik würde am 1. Januar 2000 um 00:00 Uhr kollabieren. Deshalb kauften viele neue Rechner und Software. Natürlich gab es keinen Flugzeugabsturz, kein Aufzug blieb stecken, kein Computer fiel aus. Aber das Silicon Valley war gerettet und man investierte nun in Computer für jedermann.

Heute ist die Lösung die «Energiewende». Zum Beispiel kann man nicht mehrere Autos demselben Konsumenten verkaufen, aber man kann sein Auto mit Benzinmotor durch ein elektrisch betriebenes ersetzen. Natürlich wird Elektrizität auch mit Erdöl hergestellt und die Fahrzeuge benötigen Batterien, die derzeit nicht recycelbar sind. Letztlich wird der Planet mit der Energiewende stärker verschmutzt sein als bisher. Aber darüber sollen wir nicht nachdenken.

Die Klimabörse, der einzige Fortschritt der COP

Während der Amtszeit von Präsident Bill Clinton übernahmen die USA die Kontrolle über den IPCC, so dass sie das Kyoto-Protokoll (COP3) voranbrachten, ohne es selbst jemals zu unterzeichnen. Vizepräsident Al Gore war für die US-Energiepolitik zuständig. Er bejahte deshalb den Kosovo-Krieg, um eine Transbalkan-Pipeline bauen zu können. Aber während das Protokoll ursprünglich darauf abzielte, die Emissionen von fünf Treibhausgasen und drei Fluorchlorkohlenwasserstoffen zu begrenzen, drängte er auf die Schaffung von CO2-Emissionsrechten für die Industrie und vergass die anderen Gase.

Nachdem Al Gore das Weisse Haus verlassen hatte, gründete er mit Bankern von Goldman Sachs und einer Finanzierung durch BlackRock die Klimabörse von Chicago (Chicago Climate Exchange). Da die USA das Kyoto-Protokoll nie unterzeichnet haben, hat diese Börse schlecht funktioniert. Er eröffnete daraufhin Filialen auf den anderen vier Kontinenten, die sich schnell entwickelten. Für jeden CO2-Emissionshandel erhält er nun eine Vergütung. Um sein Geschäft auszubauen, wurde er zum Klimaaktivisten und produzierte den Film «Eine unbequeme Wahrheit» («An Inconvenient Truth»). Daraufhin erhielt er den Friedensnobelpreis, obwohl dieses Werk mehr Werbung für seine Börse war als ein wissenschaftlicher Beitrag.4

Nebenbei gesagt, wurden die Statuten der Klimabörse von einem jungen unbekannten Anwalt, Barack Obama, geschrieben. Er trat bald in Chicago in die Politik ein und wurde vier Jahre später plötzlich zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt. Einmal im Weissen Haus, arbeitete Barack Obama einen Plan aus, um die Klimahysterie zur Reformierung des globalen Finanzsystems zu nutzen. Dies ist das Projekt, das von der COP21 in Paris verabschiedet wurde und das durch die COP26 in Glasgow umgesetzt werden soll.

Die nächste Errungenschaft der COP: das Finanzwesen grün machen

Dies wird vom Vereinigten Königreich mit Hilfe Italiens organisiert. Vier Briten sind dafür verantwortlich: zwei ehemalige Minister, Alok Sharma (Wirtschaft, Industrie und Industriestrategie) und Anne-Marie Trevelyan (Internationale Entwicklung), ein ehemaliger Gouverneur der Banken des Vereinigten Königreichs und Kanadas, Mark Carney, und ein Lobbyist, Nigel Topping. Keine dieser Persönlichkeiten hat eine Ahnung von Klimatologie. Alle unterstützen jedoch ein Projekt zur Reform der Bretton-Woods-Institutionen (Internationaler Währungsfonds und Weltbank).

Weil sie gegen die Umsetzung dieses Finanzprojekt sind jedoch keineswegs gegen die Bekämpfung der Luftverschmutzung, nehmen die russischen und chinesischen Präsidenten, Wladimir Putin und Xi Jinping, an dieser Konferenz nicht teil.

Auf der COP26-Website heisst es, es gehe um «Mobilisierung der Finanzierung. Um unsere Ziele zu erreichen, müssen die Industrieländer ihr Versprechen einlösen, mindestens 100 Milliarden Dollar an Klimafinanzierung zu mobilisieren. Die internationalen Finanzinstitutionen müssen ihren Teil dazu beitragen, und wir müssen daran arbeiten, die Billionen an Finanzierungen des privaten und öffentlichen Sektors freizusetzen, die erforderlich sind, um das globale Netto-Null zu gewährleisten.»

Was am Ende der Konferenz unterzeichnet werden sollte, wurde durch folgendes Gremiums verfasst:

die Asiatische Entwicklungsbank,
die Afrikanische Entwicklungsbank
die Asiatische Investitionsbank für Infrastruktur
die Karibische Entwicklungsbank
die Europäische Investitionsbank
die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung
die Interamerikanische Entwicklungs- und Investitionsbank
die Islamische Entwicklungsbank
die Weltbank
und 450 grosse Unternehmen
die das notwendige Geld mobilisieren sollen.

Dies muss richtig verstanden werden: Es ist nicht mehr möglich, arme Länder zu verschulden (um sie damit im Zaum zu halten), da die Weltbank und insbesondere der IWF nicht mehr glaubwürdig sind. Alle Regierungen wissen heute, dass Zuschüsse und Kredite von internationalen Institutionen mit drastischen Bedingungen einhergehen, die ihr Land verwundbar machen; dass, wenn die Zeit der Rückzahlung kommt, sie nichts mehr besitzen werden.

Mit der COP26 werden die Banker in der Lage sein, Geld zu leihen, um die Menschheit zu retten und dabei Eigentümer von Ländern zu werden, deren Führer ihnen vertraut haben.5

Quelle: https://www.voltairenet.org/article214632.html, 9. November 2021

(Übersetzung Horst Frohlich, Korrekturlesen Werner Leuthäusser und «Schweizer Standpunkt»)

1     «Sie verteidigen das Klima, während sie sich auf das Ende der Welt vorbereiten», Il Manifesto (Italien) , Voltaire Netzwerk, 3. November 2021.

2     Speech to the Royal Society, Margaret Thatcher, September 27, 1988.

3     «1982–1996: Die Ökologie des Marktes», von Thierry Meyssan, Оdnako (Russland), Voltaire Netzwerk, 7. Dezember 2015.

4     «1997–2010: Die Ökologie der Finanz», von Thierry Meyssan, Оdnako (Russland), Voltaire Netzwerk, 7. Dezember 2015.

5     «Die neuen Finanzwaffen des Westens», von Manlio Dinucci, Il Manifesto (Italien), Voltaire Netzwerk, 12. November 2021.

* Thierry Meyssan ist Politischer Berater und Gründungspräsident des Voltaire Netzwerk. Sein aktuellstes Buch in Französisch heisst «Sous nos yeux – Du 11-Septembre à Donald Trump» und liegt auch auf Englisch vor.

Zurück