Mit dem «Tuckerboot» durch den Husumer Hafen

Wolfgang Loy auf seiner Möwe Willi (Bild zvg)

Ein kurzes Interview mit dem Hafenmeister Kapitän Loy

(5. Juli 2021) Wer an die Nordsee fährt, sollte unbedingt Husum besuchen. Es gibt viel in dieser Stadt am Wattenmeer zu entdecken. Wer eine schöne Entdeckungsreise machen möchte kann dieses in einem Boot tun.

Seit 2015 organisiert Wolfgang Loy zusammen mit seiner Frau mit dem Tuckerboot Möwe Willi Hafenrundfahrten in Husum. Der Besucher erfährt viel über den Hafen, die Seefahrt, die Nordsee mit ihren Gefahren, aber auch über die wirtschaftliche Entwicklung des Hafens und die aktuellen Herausforderungen. Nach einer solchen Hafenrundfahrt hatten wir Gelegenheit, Kapitän Wolfgang Loy einige Fragen zu stellen.

Schweizer Standpunkt: Herr Loy, Ihr Boot heisst «Möwe Willi». Was ist das für ein Boot und wie kam es zu dem Namen?

Wolfgang Loy: Das Boot ist ein ehemaliges Rettungsboot eines dänischen Frachtschiffs, gebaut Anfang der 60er Jahre. Das Frachtschiff ist inzwischen ausgemustert. Das Rettungsboot ist erhalten geblieben. Die Abmessungen sind 9 Meter lang und 3 Meter breit. Es war konzipiert um etwa 40 Seeleute im Seenotfall aufnehmen zu können.

Die «Möwe Willi» hatte mich auf meinen langen Seereisen begleitet und mir aus ihrem Leben erzählt. Die Geschichten fanden Interesse bei meinen Töchtern. Daraus ist sogar ein Kinderbuch entstanden.

Im Husumer Hafen. (Bild ms)

Wie sind Sie auf die Idee gekommen Hafenrundfahrten anzubieten?

Ein ähnliches Konzept hatten wir in einem anderen kleinen Hafen gesehen und es wuchs die Idee, das in Husum zu versuchen.

Die Hafenrundfahrten sind nicht Ihr Hauptberuf?

Ich war in der Seefahrt berufstätig, hatte 20 Jahre als Kapitän Frachtschiffe geführt, weltweit. Seit etwa 10 Jahren bin ich in Hamburg in einem Schifffahrtsbüro tätig.

«Im Sturm sind Schiffe sicherer als Regierungsgebäude, da beweglicher»

Ausserdem sind Sie Hafenmeister. Was kann man sich darunter vorstellen?

Ich bin ehrenamtlich Hafenmeister im Husumer Binnenhafen. Der Binnenhafen ist von der «Interessengemeinschaft Husumer Hafen» gepachtet und meine Aufgabe ist es unter anderem, Traditionsseglern ihre Liegeplätze zuzuweisen und sie mit Strom und Frischwasser zu versorgen.

Als Nordfriese weiss die Möwe Willi natürlich gaaaanz genau, wie die Dinge im Watt, an der Waterkant und sowieso verlaufen. Seemannsgarn? Gibt's ja gar nicht! Sein Zeuge ist ja Käpt'n Loy, ein brummiger Seemann, den Willi immer wieder auf den Weltmeeren trifft und beobachtet, wie der das Äquatorband rammt, dem Nordpolmagneten entkommt oder eine Abkürzung mit seinem Containerschiff durch die Wüste nimmt.

Aber Willi entdeckt auch eine romantische Feder an sich, nachdem er das Pinguinmädchen BrittAntje kennengelernt hat, das so gerne fliegen lernen möchte. Wunderbar lustig-fantasievolle Flunkergeschichten nicht nur für Kinder!

Kinderbuch von Wolfgang Loy: Die Möwe Willi. 2014, 159 S., 48 Abb., ihleo-Verlag Husum.
ISBN 978-39-409-2626-5

Blick auf einen Husumer Speicher. (Bild mt)

Auf der Hafenrundfahrt konnte man viel über Husum, den Hafen, seine Menschen und das Meer erfahren. Welche Rolle spielt das Meer heute noch für die Menschen hier vor Ort?

Nun, die Küste lebt vom Meer. Es wird genutzt, um darauf Güter zu transportieren; das Meer ist wichtig für die Fischerei mit seiner Fischvielfalt. Das Meer zieht uns Menschen an, wir suchen Erholung am Meer, Entspannung und Badefreuden. Das Meer ist faszinierend und zugleich bedrohlich.

Man spürt, dass Sie Husum lieben. Wie würden Sie Ihre Heimatstadt und ihre Bewohner charakterisieren?

Kleine «graue Stadt am Meer» und trotzdem ganz bunt. Sie ist eine Stadt der kleinen Wege. In der relativ kleinen Innenstadt ist alles zu finden: Bäcker, Schlachter, Fischhandel, Kaufmann, Buchläden, Post, Bekleidungs- und Schuhgeschäfte und, und, und. Es fehlt nichts.

Etwa 22 000 Einwohner, im ersten Moment etwas zurückhaltend, Freundschaften werden nicht unbedingt im ersten Moment geschlossen, dabei sehr weltoffen und immer einen Blick über den Deich hinaus.

Welche Herausforderungen stellen sich für die nächste Zukunft an Husum und seine Einwohner?

Husum lebt von einem gesunden Mix: die Hafenwirtschaft mit Fischerei, Seefahrt und Werftbetrieb. Das Landesamt für Küstenschutz, der Nationalpark und der Meeresschutz haben in Husum einen wichtigen Standort. Die Bundeswehr ist mit zwei Kasernen präsent. Husum hat ein grosses Industriegebiet, auch mit produzierendem Gewerbe. Zwei Gymnasien gibt es in Husum, eine Berufsfachschule, einen grossen Schul- und Ausbildungsbetrieb für junge Menschen mit Handicap (Theodor-Schäfer-Werk). Man möchte ein grösseres Augenmerk wünschen auf den Tourismus und in dem Zusammenhang gibt es hier und da «Schönheitsoperationen» zu erledigen.

Kapitän Loy, vielen Dank für das Gespräch.

(Weitere Informationen: https://www.hafenrundfahrt-husum.de)

Die Stadt

Am grauen Strand, am grauen Meer
Und seitab liegt die Stadt;
Der Nebel drückt die Dächer schwer,
Und durch die Stille braust das Meer
Eintönig um die Stadt.

Es rauscht kein Wald, es schlägt im Mai
Kein Vogel ohn' Unterlass;
Die Wandergans mit hartem Schrei
Nur fliegt in Herbstesnacht vorbei,
Am Strande weht das Gras.

Doch hängt mein ganzes Herz an dir,
Du graue Stadt am Meer;
Der Jugend Zauber für und für
Ruht lächelnd doch auf dir, auf dir,
Du graue Stadt am Meer.

Theodor Storm (1852)

Theodor Storm (*1817 Husum, † 1888) war ein deutscher Schriftsteller. Mit seiner Lyrik und Prosa gehört er zu den bedeutendsten Vertretern des bürgerlichen Realismus. Storm ist vor allem für seine Novellen bekannt, empfand sich allerdings in erster Linie als Lyriker und sah die Gedichte als Ursprung seiner Erzählungen.

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