«Das Vertragspaket Schweiz-EU gefährdet die Schweizer Landwirtschaft massiv»
von Redaktion «Schweizer Standpunkt»
(7. November 2025) (CH-S) Die «Interessengemeinschaft (IG) BauernUnternehmen»* zieht nach einem eingehenden Studium des rund 2000 Seiten umfassenden Vertragspaketes zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU) den Schluss einer massiven Gefährdung der Schweizer Landwirtschaft. Deshalb lehnt sie das «Verwaltungsmonster» klar ab.
Obwohl noch kein Abstimmungstermin festgelegt ist, läuft die Meinungsbildung in der Schweiz auf allen Ebenen. Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Vertragspaket ist dringend notwendig, bindet es doch die Schweizer Gesetzgebung in einem Masse an die EU, die bei einer Annahme einen grossen Souveränitätsverlust für unser Land und seine Bürgerinnen und Bürger bedeuten würde.
In ihrer am 20. Oktober vorgelegten Analyse1 legt die IG BauernUnternehmen das Schwergewicht auf die Thematik der Landwirtschaft und der Lebensmittel. Diese sind ihr Kerngebiet. Das bisherige Landwirtschaftsabkommen sei vom Bundesrat neu in zwei Teile unterteilt worden: ein Lebensmittelsicherheitsabkommen und ein Landwirtschaftsabkommen. Bisher habe die Schweiz zu EU-Vorschriften eigenes, gleichwertiges Recht schaffen können, das denselben Zweck und die gleiche Wirkung erzielt habe. Müsste die Schweiz aber in Zukunft die Normen der EU «dynamisch» (= automatisch) übernehmen – wie dies im vorliegenden Vertragspaket vorgesehen ist – könne sie keinen eigenen Weg mehr gehen. Gehe sie ihren eigenen Weg trotzdem, würde dies von der EU als ein Verstoss gegen das Abkommen gedeutet und die EU könnte wirtschaftliche Gegenmassnahmen – sogenannte Ausgleichsmassnahmen – ergreifen, um ihren «Nachteil» zu kompensieren. Die rechtliche Autonomie der Schweiz würde damit deutlich eingeschränkt.
Die von der EU verfolgte Strategie «Vom Hof auf den Tisch» (Farm to Fork) wird von vielen Seiten kritisiert.2 Sie umfasse Massnahmen entlang der gesamten Lebensmittelkette, so die IG BauernUnternehmen: von der Erzeugung eines Lebensmittels bis zu dessen Verbrauch, und beinhalte auch spezifische Ziele «zur Förderung einer nachhaltigen Ernährung». Damit sollten auch die Konsumenten bevormundet und auf fleisch- oder zuckerarme Ernährung getrimmt werden – was sich letztlich auch auf die Lebensmittelproduzenten auswirke.
In ihrem Newsletter3 erklärt die IG BauernUnternehmen sehr anschaulich die Konsequenzen aus konkret genannten Artikeln des Abkommens zur Landwirtschaft und zur Lebensmittelsicherheit. Hier nur zwei gravierende Beispiele:
Erstens ein drohender Qualitätsverlust von Lebensmitteln: «In Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe c steht zudem, dass die Schweiz zur ‹integrierten Einführung harmonisierter Normen für die gesamte Lebensmittelkette› gezwungen wird. In der Praxis bedeutet dies eine Angleichung nach unten, da die europäische Gesetzgebung in wesentlichen Bereichen niedrigere Standards als die Schweiz vorsieht. Die ‹Made in Switzerland›-Marke, die ein Qualitätsversprechen und ein wichtiges Differenzierungsmerkmal darstellt, verliert damit ihre Bedeutung. Konsumenten, die bereit waren, für Schweizer Qualität einen höheren Preis zu bezahlen, werden künftig Produkte erhalten, die sich qualitativ kaum noch unterscheiden.»
Zweitens «Erstickende Bürokratie für Vereine, Volksfeste, Schulanlässe: Besonders absurd wird die Situation bei traditionellen Dorfveranstaltungen. Wenn der örtliche Turnverein an seinem Fest selbst hergestellte Bratwürste verkauft oder der Frauenverein beim Adventsbasar hausgemachte Konfitüre und Konfekte anbietet, fallen diese Aktivitäten unter die EU-Lebensmittelregulierung. Die freiwilligen Helfer müssen Hygieneschulungen absolvieren, die Küchen müssen EU-zertifiziert werden, und für jedes Produkt muss eine Dokumentation der Zutaten und Herstellungsprozesse geführt werden. Diese Bürokratisierung zerstört Gemeinschaftsstrukturen und lokale Traditionen. Schwingfeste, Chilbis und andere typisch schweizerische Volksveranstaltungen werden entweder unmöglich oder müssen ihre traditionellen Verpflegungsangebote aufgeben. Die lebendige Kultur der lokalen Märkte und Feste, die einen wichtigen Teil der schweizerischen Identität ausmacht, droht durch die EU-Regulierung verloren zu gehen.»
Es ist der IG BauernUnternehmen hoch anzurechnen, dass sie die Öffentlichkeit – Bürgerinnen und Bürger, denen dieses EU-Vertragspaket einmal zur Abstimmung vorgelegt werden wird – bereits heute auf die tiefgreifenden Folgen einer Annahme dieses Abkommens aufmerksam macht.
| * In der IG BauernUnternehmen sind Bauern und im landwirtschaftlichen Umfeld tätige Unternehmer aktiv. Sie setzen sich für eine «rationale, produzierende Landwirtschaft» ein. Moderne Landwirtschaft habe bewiesen, dass sie die Weltbevölkerung ernähren und fortlaufend die Umweltauswirkungen minimieren könne. – Die IG steht allen Personen offen, die eine zukunftsgerichtete Landwirtschaft unterstützen. https://www.bauern-unternehmen.ch/home-de.html |
2 «Vom Hof auf den Tisch – eine Strategie für ein faires, gesundes und umweltfreundliches Lebensmittelsystem» – so lautete die offizielle Mitteilung der Europäischen Kommission vom 20. Mai 2020. Die Strategie sei das Kernstück des europäischen «Grünen Deal», mit dem Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent werden könne. https://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=cellar:ea0f9f73-9ab2-11ea-9d2d-01aa75ed71a1.0003.02/DOC_1&format=PDF
In Tat und Wahrheit geht dieses Programm viel weiter und zerstört eine innovative und kleinräumige Landwirtschaft zu Gunsten agroindustrieller Unternehmen.
Vgl. dazu:
– https://swiss-standpoint.ch/news-detailansicht-de-gesellchaft/agrarpolitischer-fruehschoppen.html
– https://swiss-standpoint.ch/news-detailansicht-de-gesellchaft/die-eu-zerstoert-die-bauernhoefe-europaweit.html
– https://swiss-standpoint.ch/news-detailansicht-de-writschaft/industrialisierung-der-landwirtschaft-durch-den-great-food-reset.html
3 https://mailchi.mp/bauern-unternehmen/vertragspaket-ch-eu-de-fr