Eidgenössische Volksabstimmung vom 28. November 2021

Indirekter Impfzwang ist verfassungswidrig. Bundesrat übergeht Beschlüsse des Europarats

von Georg Koch

(5. November 2021) Im Gegensatz zu anderen Ländern hat die Schweiz in der Volksabstimmung vom 28. November die Möglichkeit, der verfassungswidrigen gesellschaftlichen Spaltung und Diskriminierung durch 2- oder 3-G-Regeln ein Ende zu setzen.

Seit dem Frühsommer 2021 hatten alle Erwachsenen in der Schweiz die Möglichkeit, sich zusätzlich zu anderen Schutzmassnahmen gegen die Corona-Erkrankung impfen zu lassen. Laut Umfragen der Universität Zürich sind circa 85% aller Personen über 15 Jahren geimpft. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) geht von circa 75% der über 12-jährigen aus. Mittlerweile melden sich in den Kantonen nur noch circa 7 von 10 000 Einwohnern pro Tag, um sich impfen zu lassen. Jeder der es noch möchte, könnte in der privilegierten Schweiz sofort eine Impfung erhalten. Auch sogenannte Auffrischimpfungen für ältere und gefährdete Personen sind möglich.

Es gibt wenige Impfungen, die in der Schweizer Bevölkerung derart breit angenommen wurden. Auch Covid-Impfungen für Kinder sind inzwischen offiziell genehmigt und empfohlen, obwohl eine nicht unerhebliche Anzahl von Kinderärzten und zahlreiche Eltern nachvollziehbare Bedenken gegen die Impfung haben.

2,1% aller Spitalbetten mit Coronakranken belegt

Die Corona-Epidemie ist jedoch noch nicht vorbei, es gibt nach wie vor schwere Erkrankungen, Langzeiterkrankte und auch Todesfälle. Sowohl die Kooperation der Bevölkerung in Bezug auf die einschränkenden Vorsichtsmassnahmen als auch die Impfungen haben jedoch eine deutliche Senkung der Erkrankungen und schweren Verläufe bewirkt. Aktuell sind laut BAG 2,1% aller Spitalbetten (Stand 4.11.21)1 und 12,1% der Intensivbetten mit Patienten (Stand 4.11.21)2 belegt, die an oder mit Corona erkrankt sind. Der im Jahr 2020 schwer betroffene Kanton Tessin hat in den letzten 14 Tagen keine Todesfälle und «nur» 4 Spitalbetten mit Corona-Patienten belegt (Stand 4.11.21).3

Zweiteilung der Gesellschaft nimmt an Schärfe zu

Angeheizt durch eine Vielzahl diskriminierender Medienberichte und Äusserungen von Politikern gegen Personen, die sich nicht impfen lassen wollen, ist trotz dieser positiven Entwicklung leider auch in der Schweiz eine Zweiteilung der Gesellschaft in Geimpfte und sogenannte Impfgegner entstanden, die seit Wochen an Schärfe zunimmt.

Nicht wenige Bürger nehmen ihr gutes Recht wahr und lassen sich nicht oder noch nicht mit den neu entwickelten mRNA-Impfstoffen impfen. Sehr viele haben Bedenken, dass diese neuen Impfstoffe negative Langzeitwirkungen auf ihr natürliches Immunsystem haben könnten, das sie selber nach bestem Vermögen gegen allfällige Erkrankung zu stärken versuchen. Nicht wenige Widersprüchlichkeiten der behördlichen Massnahmen, die Ablehnung der Haftung durch die Impfstoffproduzenten, merkwürdige Belohnungsangebote für Impfteilnahmen, Berichte über auch schwerwiegende Impfnebenwirkungen, Stigmatisierungen, Erziehungs- und Erpressungsversuche durch einzelne Massnahmen haben nicht dazu beigetragen, das Vertrauen in das Bundesamt für Gesundheit und den zuständigen Bundesrat zu erhöhen. Hinzu kommen individuelle Vorerkrankungen oder auch persönliche Überzeugungen, die Bürger davon abhalten, sich impfen zu lassen.

Medikamentöse Behandlung sträflich vernachlässigt

Noch immer ist scheinbar bei vielen die Hoffnung gross, mit den Impfungen die Corona-Epidemie besiegen und austilgen zu können. In den politischen Entscheidungsgremien wurde hingegen die politische und finanzielle Förderung für die Suche nach prophylaktischen und heilenden Medikamenten sowie die Überprüfung bereits bestehender Medikamente auf ihre Wirksamkeit gegen Covid-19 sträflich vernachlässigt. Statt die hiesigen vielfältigen Kompetenzen der Haus- und Klinikärzte sowie die der zahlreichen pharmakologischen Forscher in der Schweiz voll einzubeziehen und ihnen die nötigen Mittel für nötige Arzneimittelforschung und Erfahrungsaustausch zur Verfügung zu stellen, beklagen sich Hausarztgremien, dass sie überhaupt nicht einbezogen wurden. Alle Blicke des BAG waren scheinbar auf die Verlautbarungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) fixiert. Alle Behandlungswege, die nicht den US-amerikanischen oder WHO-Segen haben, werden diskreditiert, auch wenn sie in manchen Ländern scheinbar erfolgreich angewandt werden.

Fast 10% aller Coronatoten mit Impfdurchbrüchen

Es zeigt sich inzwischen immer deutlicher, dass die mRNA-Impfung nicht sicher vor einer Covid-Erkrankung schützt. Ihre Wirkung lässt zunehmend nach und es kommt auch in der Schweiz zu immer mehr sogenannten Impfdurchbrüchen. Ihre Dunkelziffer ist laut BAG hoch, da die meisten Erkrankungen zum Glück weniger schlimm verlaufen und daher nicht gemeldet werden. Leider sind seit Anfang September laut BAG 14 Menschen an Corona gestorben, die zweifach geimpft waren. Allerdings sind im gleichen Zeitraum auch 183 Menschen an Corona gestorben, die nicht geimpft waren. (Stand 4.11.21)4 Am 1. November betrug der 7-Tage-Schnitt aller an Corona erkrankten Spitalpatienten mit doppelter Impfung in der Schweiz 33,9%.5 Alle Personen ab 65 Jahren und gesundheitlich besonders Gefährdete können sich nun mit einer Auffrischimpfung erneut besser schützen.

Auch Geimpfte können andere anstecken

Wenn Menschen trotz zweifacher Impfung an Corona sterben können, können sie auch andere Menschen anstecken. Die durch das Covid-Gesetz seit anfangs März angeordneten Massnahmen suggerieren jedoch, dass die Ungeimpften Schuld an der epidemischen Lage seien. Unbescholtene Bürger, die sich nicht impfen lassen wollen, werden in ihren natürlichen Freiheitsrechten weiterhin eingeschränkt, obwohl auch geimpfte Personen das Virus weiter verbreiten können. Dabei verhalten sich ungeimpfte Personen oftmals vorsichtiger, damit sie sich und andere nicht anstecken. Nach der sogenannten 3G-Regel dürfen Menschen ohne Covid-Zertifikat zum Beispiel keine Kinos, Restaurants oder Theater besuchen. Handwerker, die sich von ihrer harten Arbeit eine Kaffeepause im Warmen gönnen möchten, müssen alle drei Tage einen teuren und unangenehmen Test über sich ergehen lassen. Personen, die sich aus verschiedensten ernsthaften Gründen nicht impfen lassen möchten, werden ins Lächerliche gezogen, unter Umständen bestraft, verlieren vielleicht sogar ihre Arbeitsstelle und werden diskriminiert.

Covid-Zertifikat als Trojanisches Pferd

Das Mittel, mit dem die gesellschaftliche Spaltung und Diskriminierung für ungeimpfte Personen durchgesetzt werden, bildet die Einfügung des Artikels 6a «Impf-, Test- und Genesungsnachweise» in das bestehende Covid-19-Gesetz vom 19. März 2021. Vor allem gegen die hiermit eingeleitete Diskriminierungs- und Überwachungsmöglichkeit wurde mit rund 187 000 Unterschriften innerhalb sehr kurzer Zeit das Referendum eingereicht.

Obwohl Artikel 6a vom Bundesrat in den öffentlichen Verlautbarungen (zum Beispiel an der Pressekonferenz vom 4. Juni) wie ein trojanisches Pferd lediglich zur Erleichterung von Reisen im Schengen-Raum angepriesen wurde, wurde in der offensichtlich schon länger geplanten anschliessenden Verordnung die Diskriminierung Ungeimpfter festgelegt. Im Blick vom 1. Juni 2021 sprach sich Bundespräsident Guy Parmelin offen für die Nutzung des Impfzertifikats als «Druckmittel» aus, um die Impfbereitschaft in der Bevölkerung zu erhöhen. Diese Absicht und die vorgesehenen Diskriminierungen waren bei der Verabschiedung des Gesetzes am 19. März noch verschleiert. Allerdings hatte der Blick bereits am 23. Februar offengelegt, dass der Bundesrat in einem Geheimpapier «Privilegien» für Geimpfte plane. Der Bundesrat habe laut Blick «am Mittwoch aufgrund eines vertraulichen Aussprachepapiers des Innendepartements von Alain Berset (48, SP) Beschlüsse dazu gefasst. Ziel ist es, der Bevölkerung einen Anreiz zu geben, sich piksen zu lassen, damit auch in unserem Land möglichst viele Menschen vor einer schweren Corona-Erkrankung geschützt sind.» Ein Extra-Gesetz brauche es nicht. Die Sonderbehandlung Ungeimpfter solle bis Ende September 2021 gelten, bis die sogenannte Herdenimmunität erreicht sei. An der Pressekonferenz vom 19. März hingegen hatte Bundesrat Berset den anwesenden Journalisten und der zugeschalteten Öffentlichkeit verkündet, die Corona-bedingten Freiheitseinschränkungen würden aufgehoben, wenn die besonders gefährdeten Personen sowie alle Personen geimpft seien, die dies wünschten…

Covid-Zertifikat beschädigt die Gesellschaft und infantilisiert die Bürger

Katharina Fontana weist in ihrem NZZ-Artikel «Der zertifizierte Bürger – wie man ein Land spaltet» vom 1. November 2021 darauf hin, dass das Covid–Zertifikat nicht nur rechtlich fragwürdig ist, es vergifte auch das gesellschaftliche Klima. «Mit dem Zertifikat wird suggeriert, dass die Pandemie allein wegen der schwer erziehbaren Ungeimpften nicht zu Ende gehe; wären sie geimpft, wäre alles vorbei. Wie trügerisch. Selbst wenn man die Impfquote in die Höhe treiben könnte, wird das Virus weiter zirkulieren. Impfdurchbrüche, Erkrankungen und Hospitalisierungen wird es weiterhin geben. […] Das Zertifikat trägt dazu bei, dass die Menschen die Lebensrisiken nicht mehr realistisch einschätzen können. Je länger der Bundesrat vorschreibt, wo man sich wie verhalten muss, desto unfähiger und unzuständiger fühlt sich der Einzelne. Die Eigenverantwortung erodiert, die persönliche Gesundheit wird zur öffentlichen Aufgabe, und am Schluss sind wir nicht nur eine Gesellschaft von zertifizierten, sondern auch von infantilisierten Bürgern.»

Diskriminierung ist verfassungswidrig

Dieser diskriminierende Eingriff in die Freiheitsrechte der Bürger und die damit verbundene Spaltung der Gesellschaft wird auch von vielen geimpften Bürgern abgelehnt. Der ehemalige Bundesrichter Prof. Dr. iur. Karl Spühler weist darauf hin, dass in Artikel 8 Absatz 2 der Bundesverfassung ausdrücklich steht, «dass niemand diskriminiert werden darf, vor allem nicht wegen der religiösen, weltanschaulichen oder der politischen Überzeugung. Und ebenso deutlich ist Artikel 10 Absatz 2 der Bundesverfassung: Jeder Mensch hat Anspruch auf persönliche Freiheit, auf körperliche Unversehrtheit und auf Bewegungsfreiheit. Dass das Diskriminierungsverbot rechtlich von grosser Bedeutung ist, zeigt der Umstand, dass das Bundesgericht seit dem Jahre 1954 nicht weniger als 141 Urteile mit dieser Problematik publiziert hat. […] Eine Impfung bildet klar einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit. Sie bedarf des ausdrücklichen Einverständnisses der betroffenen Person. Dafür direkten oder indirekten Zwang auszuüben ist somit verfassungswidrig.»

Weiterhin macht er geltend: «Die Zertifizierungspflicht ist nicht verhältnismässig. Sie führt zu einer elektronischen Überwachung des sozialen Lebens. […] Es liegt somit ein mehrfacher, d.h. qualifizierter Verstoss gegen die Bundesverfassung vor.» (Schweizerzeit, 22. Oktober 2021)

Europarat: Niemand darf unter Druck gesetzt oder diskriminiert werden

Gegen diese Diskriminierungen Ungeimpfter sowie die Spaltung der Gesellschaft protestieren nicht nur Bürger und Verfassungsrechtler in der Schweiz. Bereits am 27. Januar 2021 hatte sich der Europarat in Strassburg (bei dem die Schweiz Mitglied ist) in seiner Entschliessung 2361 klar dagegen ausgesprochen, eine Impfpflicht einzuführen oder Menschen zu diskriminieren, die sich nicht impfen lassen möchten oder können. Impfnachweise dürften nur zur Kontrolle von Impfnebenwirkungen benutzt werden. Wörtlich heisst es: «Die Mitgliedstaaten haben

7.3.1. dafür zu sorgen, dass die Bürgerinnen und Bürger darüber aufgeklärt sind, dass die Impfung NICHT verpflichtend ist und niemand politisch, sozial oder anderweitig unter Druck gesetzt wird, sich impfen zu lassen, wenn er oder sie dies nicht möchte;

7.3.2. dafür zu sorgen, dass Personen, die nicht geimpft sind, weil dies aufgrund möglicher Gesundheitsrisiken nicht möglich ist oder die betreffende Person dies nicht möchte, nicht diskriminiert werden; […]

7.3.5. die Inhalte der Verträge mit Impfstoffherstellern transparent zu kommunizieren und diese zwecks Kontrolle durch die Parlamente und die Öffentlichkeit öffentlich zugänglich zu machen; […]

7.5.2. Impfbescheinigungen nur zu dem erklärten Zweck zu verwenden, die Impfwirksamkeit, potenzielle Nebeneffekte und nachteilige Vorfälle zu überwachen.»6

Volksabstimmung vom 28. November 2021

Der Verfassungsrechtler Karl Spühler weist darauf hin, dass die Schweiz über kein Verfassungsgericht verfügt und ein Bundesgesetz nicht auf die Übereinstimmung mit der Bundesverfassung beim Bundesgericht angefochten werden kann. Dessen Rechtsprechung bezieht sich nur auf kantonale Gesetze und Verfügungen. Somit können nur die Stimmberechtigten als Souverän die Überprüfung der Änderungen des Covid-19-Gesetzes vom 19. März 2021 auf ihre Verfassungsmässigkeit übernehmen. Sollen die festgeschriebenen Grundrechte und Freiheiten wie weiterhin uneingeschränkt, bedingungs- und kompromisslos für jedermann/-frau allein aufgrund seines/ihres Menschseins gültig bleiben, ist das Covid-19-Gesetz am 28. November an der Urne mit einem klaren «Nein» abzulehnen.

1 https://www.covid19.admin.ch/de/hosp-capacity/total

2 https://www.covid19.admin.ch/de/hosp-capacity/icu

3 https://www.covid19.admin.ch/de/epidemiologic/hosp?rel=abs&time=14d

4 https://www.covid19.admin.ch/de/vaccination/status?indicator=death&devSum=total

5 https://www.covid19.admin.ch/de/vaccination/status?vaccStatusDevRel=rel

6 https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/A/A_01364/fnameorig_887268.html

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