Neutralität oder Nato?

Schweizerische Neutralität oder Kriegsbündnis Nato?

Schicksalshafte Abstimmung steht in der Schweiz bevor

von Jean-Paul Vuilleumier, Chefredaktor des «Schweizer Standpunkt»

Am 29. August 2024 wurde auf Einladung von Bundespräsidentin Viola Amherd im Berner Medienzentrum der «Bericht der Studienkommission Sicherheitspolitik» vorgestellt. Die im Juni 2023 von Viola Amherd, Chefin des «Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport» (VBS), eingesetzte «Studienkommission» hat einen rund 70-seitigen Bericht dazu verfasst, wie ihrer Ansicht nach eine «zukunftsgerichtete Sicherheitspolitik» auszugestalten sei.1

Jean-Paul Vuilleumier.
(Bild zvg)

Die Vorschläge der Kommission stehen jedoch im krassen Gegensatz zu den bisherigen neutralitätsrechtlichen und neutralitätspolitischen Grundlagen der Schweiz und zum Inhalt der eidgenössischen Volksinitiative zur «Wahrung der schweizerischen Neutralität».2

Einblick in den Bericht

Die «Studienkommission» analysiert die aktuelle geopolitische Lage folgendermassen:

Die globale Lage sei «von drei wesentlichen Entwicklungen geprägt: der Herausforderung der politischen, wirtschaftlichen und militärischen Überlegenheit der USA, dem Konflikt zwischen Autokratien und Demokratien sowie einem neuen Selbstverständnis des globalen Südens». Es sei mit einer «Weltunordnung» zu rechnen, «da das System der kollektiven Sicherheit beschädigt» sei.

Dass die geopolitische Lage auch ganz anders erfasst werden kann, haben verschiedene Autoren im «Schweizer Standpunkt» schon vielfach dargelegt.3 Aus ihrer Analyse zieht die «Studienkommission» unter anderem folgende Schlüsse:

Von den genannten Entwicklungen sei die Schweiz «direkt oder indirekt» betroffen. Als Verkehrs- und Energiedrehscheibe, mit ihrem Finanzsystem und ihrer offenen Weltwirtschaft sei sie «ein attraktives Ziel». Sie könne «als Ausgangspunkt dienen, um Europa in Mitleidenschaft zu ziehen und damit die Nato mehr oder minder direkt zu provozieren».

Die grosse Mehrheit der Kommissionsmitglieder hielt es offenbar für notwendig,

«die schweizerische Neutralitätspolitik zu revidieren». Die Schweiz dürfe «in Europa keine Sicherheitslücke darstellen». Ihre geographische Lage in der Mitte der EU mache «die Notwendigkeit einer Verteidigungskooperation offensichtlich».

Im Weiteren plädiert sie

«für ein politisches Verständnis der Neutralität, das sich nicht allein auf eine doktrinäre völkerrechtliche Auslegung der überholten Haager Konvention stützt» (S. 28).

Dem Angriff auf die bewährte Neutralitätspolitik folgt damit der Angriff auf das Neutralitätsrecht.

Als Supervisor für den Weg in die Nato hat Frau Amherd auch noch den langjährigen Chef der sogenannten «Münchner Sicherheitskonferenz» der Nato, Wolfgang Ischinger, in die Kommission bestellt. Kein Wunder, dass sich die sicherheitspolitische Sicht der Nato und diejenige der Schweiz immer mehr gleichen …

Neutralität in der Bundesverfassung verankern

Im Bericht der Amherd-Kommission mutiert die Schweiz vom Selbstverständnis als Staat mit einer immerwährenden, bewaffneten Neutralität und den weltweit erfolgreichen Guten Diensten in Krisenregionen zu einem Staat, der für Europa eine Gefahr darstelle. Ein unerträglicher Affront gegenüber unserem Land und uns Schweizer Bürgerinnen und Bürgern.

Nur eine politisch erfolgreiche «Netzwerkkultur» und die unermüdliche Unterstützung der eidgenössischen Volksinitiative «Wahrung der schweizerischen Neutralität» durch eine Mehrheit aus Volk und Ständen (Kantone) kann die gefährliche Entwicklung der Amherd’schen Unsicherheitspolitik stoppen. Es gilt, alle Kräfte zu mobilisieren, um ihr zum Durchbruch zu verhelfen und damit die Grundprinzipien unserer schweizerischen Neutralität in der Bundesverfassung zu verankern.

1 https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-102256.html und
https://www.newsd.admin.ch/newsd/message/attachments/89334.pdf und
https://www.youtube.com/watch?v=6yqFDp6xm0c

2 Das Volksbegehren wurde am 11. April 2024 mit rund 133 000 beglaubigten Unterschriften in der Bundeskanzlei in Bern eingereicht. Der Bundesrat hat sie bereits nach ungewöhnlich kurzer Zeit zur Ablehnung empfohlen. Als nächstes wird die von einem politisch und gesellschaftlich breit abgestützten Komitee getragene «Neutralitätsinitiative» in den beiden Parlamentskammern verhandelt werden. Danach folgt eine eidgenössische Volksabstimmung deren Zeitplan noch unbekannt ist.

3 Alfred de Zayas: https://swiss-standpoint.ch/news-detailansicht-de-recht/lasst-uns-die-vier-freiheiten-von-franklin-d-roosevelt-und-die-atlantik-charta-wiederbeleben.html

Michael von der Schulenburg: https://swiss-standpoint.ch/news-detailansicht-de-recht/uno-charta-der-ukraine-krieg-und-unsere-verpflichtung-zum-frieden.html

EisenhowerMediaNetwork: https://swiss-standpoint.ch/news-detailansicht-de-international/die-usa-sollten-eine-kraft-fuer-den-frieden-in-der-welt-sein.html

Jacques Baud: https://swiss-standpoint.ch/news-detailansicht-de-international/die-politik-der-usa-war-es-immer-zu-verhindern-dass-deutschland-und-russland-enger-zusammenarbeiten.html

Jeffrey D. Sachs: https://swiss-standpoint.ch/news-detailansicht-de-international/ein-verhandlungsfrieden-ist-der-einzige-weg-russlands-krieg-gegen-die-ukraine-zu-beenden.html

M.K. Bhadrakumar: https://swiss-standpoint.ch/news-detailansicht-de-international/asiatische-bruchlinien-wegen-bidens-krieg-gegen-russland.html

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